Life at 30: Wieso fällt „Nein sagen” so schwer?

In: Life at 30
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Der Moment gerade passt sowas von gut, um diese Kolumne zu schreiben… Denn ich habe gerade eine berufliche Einladung abgesagt. Mit einem sowas von miesen Gefühl. Wieso fällt „Nein sagen” immer so schwer?

In den vielen Life at 30 Mentoring Sessions, die ich schon gegeben habe, da kommt ein Thema immer wieder: Nein sagen lernen. People Pleasing ist so ein riesiger Stressfaktor bei Frauen ab 30, das wird mir auch in den Sessions immer und immer wieder bewusst.

Vor ein paar Jahren fiel es mir unglaublich schwer Nein zu sagen. Ich habe in meiner Festanstellung damals mehr Aufgaben übernommen, als es mir gut getan hat. Wollte niemanden „hängen lassen”. Und hatte so immer mehr und mehr auf der To-Do-Liste, die kaum noch zu bewältigen war. Irgendwie habe ich es aber immer noch „geschafft” und das war auch Teil des Problems. Es fiel nicht so auf, dass ich ständig an der Grenze war. Klappte doch – aber auf meine Kosten.

Als ich mich selbstständig machte und meine Ausbildung zur Stressmanagement-Trainerin begann, da war das auch aus persönlichen Gründen. Ich wollte auch für mich lernen, wie ich mit Stress im Alltag besser umgehe. Wollte nicht „einfach so weitermachen”, bis ich dann irgendwann umkippe. Und dabei lernte ich auch immer häufiger Nein zu sagen. Zu allen Dingen, die nicht gut für mich waren oder sich nicht gut anfühlten. Womit ich dir definitiv Mut machen kann? Wenn du einmal den Schalter für dich umgelegt hast und merkst, wie befreiend so ein „Nein” ist und wie belastend das ständige „Ja” war, dann wird es mit jeder Situation immer und immer leichter. Versprochen.

Aber wieso fällt „Nein sagen” besonders uns Frauen so schwer?

Ich kann nur von mir sprechen: Aber brav zu sein als Mädchen, das war als ich aufwuchs ungefähr so angesagt, wie bei den Kids heutzutage immer noch „Frozen”. In der Schule war es dann auch gern gesehen, wenn ich nicht „aneckte”. Irgendwie auch unauffällig „mitschwimmen” war die Devise. Keine Angriffsfläche bieten. Denn Kinder und Teenager können in der Schulzeit grausam sein (das habe ich selbst erlebt).

Den Kumpel abschreiben lassen? Klar! Gemocht werden hieß auch, eher mal „ja” als „nein” zu sagen.

Überhaupt steckte bei mir wohl oft – wie bei vielen – „gefallen wollen” dahinter, wenn ich auch später nicht mit einem „Nein” für mich einstand. Im Job ist es doch schließlich super, wenn alle mit einem zufrieden sind. Und im Freundeskreis will man ja auch nicht die „Spielverderberin” sein, die nicht mit zur Party geht, „nur” weil sie müde ist.

Als ich damals aber schließlich im Job sehr gestresst war, da fiel mir auf, dass ich vieles nur noch als anstrengend wahrnahm. Das berufliche Abendessen unter der Woche zu dem ich zugesagt hatte. Das Lunchmeeting, das mehr Meeting als Lunch war. Aber auch schöne Dinge in meiner raren Freizeit.

Ich hatte irgendwie das Gefühl, meine Zeit nicht selbst in der Hand zu haben. Klar, das „Ja” war leichter über die Lippen zu bekommen als ein „Nein”. Aber musste ich wirklich nach Feierabend noch bei dieser Veranstaltung stehen, wenn ich eigentlich viel lieber auf dem Sofa sitzen wollte? Wäre die Freundin wirklich sauer, wenn ich am Freitagabend die Verabredung absage, weil die Woche echt krass war?

Du wirst überrascht sein…

Ich war es in jedem Fall. Immer mehr begann ich für mich selbst einzustehen und wirklich Prioritäten zu setzen. Also nicht „erst einmal” ja zu sagen und eigentlich zu wissen, dass es einfach zu viel war oder ich auf etwas gar keine Lust hatte. Da fiel mir auf, dass gar nicht der befürchtete Worst-Case eintrat. Nicht mal ansatzweise.

Im Job konnte ich auch erfolgreich sein, ohne jeder beruflichen Veranstaltung beizuwohnen. Ich bekam auch Aufträge ohne in jede Mittagspause ein Lunchmeeting zu quetschen. Und wenn ich am Wochenende lieber mit einer Freundin brunchen wollte, als auf eine Party zu gehen, dann sagte ich ihr das einfach. Sie war nicht sauer – wie ich es mir innerlich ausgemalt hatte. Ich stieß auf viel mehr Verständnis als ich es jemals gedacht hätte.

Vor kurzem habe ich einer Mentee wieder geraten, in sich reinzuhören bei einer Einladung. Sich zu fragen, ob sie wirklich dorthin möchte. Ob es so wichtig sei für sie und die anderen, weil sie sich doch offensichtlich mit der Einladung nicht wohl fühlte. Ich sagte zu ihr: „Wenn du ehrlich mit der Person sprichst, die dich eingeladen hast, dann wirst du überrascht sein.” Wovon? „Von dem Verständnis das dir entgegengebracht wird, wenn du für dich einstehst und ehrlich und transparent kommunizierst.” Und als sie nach eigener Abwägung absagte, da entstand genau diese Situation. Niemand war sauer, sondern ihr entgegnete eine Welle des Verständnisses, die sie nie erwartet hätte. Wir dürfen viel mehr in das Verständnis unseres Gegenübers vertrauen.

Lasst uns nicht „Ja” zu Dingen sagen, die wir nicht fühlen, nur weil wir innerlich zukünftige Schreckensszenarien fürchten.

Auf die Überwindung und das erste „eklige” Gefühl beim „Nein” folgen Befreiung und so viele positive Überraschungsmomente. Und ganz ehrlich: Selbst wenn die Kollegin nicht begeistert ist, weil du ihr nicht alle Aufgaben wie gewohnt abnimmst. Dann ist das doch nicht der Grund ständig über deine Grenzen zu gehen, nur um sie zufriedenzustellen, oder? Du verschaffst dir im beruflichen Umfeld durch dein Einstehen für dich sogar Respekt. Und vor dir selbst sowieso.

Falls du individuell an People Pleasing arbeiten möchtest und lernen willst, wie du leichter Nein sagst, dann sprich mich gern wegen eines Mentorings an.

„Nein sagen” ist aber auch ein Workshop-Thema bei meinem Retreat vom 23. bis zum 26. November an der Ostsee. Während ich diese Zeilen tippe, sind noch letzte Plätze frei. Hier gibt’s alle Infos!

P.s. Sarah hat auch eine schöne Kolumne über gesunden Egoismus geschrieben und ich habe hier noch einige Artikel zum Thema für dich.

Bild: Sophie Wolter


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