Life at 30: Ich fühle es heute einfach nicht

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Ich will keine Ausrede mehr brauchen. Ich fühle es heute einfach nicht. Und das sollte doch genug sein.

Gestern habe ich wenig gearbeitet. Obwohl Donnerstag war. Obwohl ich gesund war. Obwohl ich viel zu tun hatte. Eigentlich will ich sagen, ich habe nichts gearbeitet. Aber das stimmt nicht. Ich habe die Instagram Story gefüllt, einen Termin wahrgenommen und genau diese Zeilen hier noch abends um halb sieben getippt (weil ich die gerade hingegen so richtig fühle). Aber trotzdem habe ich den Tag ganz anders verlaufen lassen, als er eigentlich geplant war.

Die To-Do Liste ist lang. Events, Meetings und Einladungen überschlagen sich. Irgendwie ist es im November und Dezember immer dasselbe oder? Die Zeit scheint geradezu zu verfliegen. Alles soll oder will noch erledigt werden. So viel steht an. Mental Load hoch 10 mit Job-Projekten, Treffen, Weihnachtsplanung…

Ich fühle es heute einfach nicht

Irgendwie kommt es mir gerade teilweise so vor, als hätten wir aus der Lockdown-Zeit zu wenig gelernt. Nicht nur, dass es wieder en vogue ist sich so richtig herzhaft in die Hände zu niesen und sich danach die Hand zu geben. Nein, wir rennen wieder so sehr. Termine, Einladungen, To-Dos. Ich finde, wir priorisieren dabei zu wenig – vor allem zu wenig uns selbst.

Ich hatte ehrlicherweise die Hoffnung – und das ist jetzt keine toxische Positivität – dass aus den letzten Jahren auch etwas Gutes hervorkommt. Gesundheitlich vielleicht gar nicht erst mit Halsweh ins Office zu kommen, sondern die zwei, drei wichtigsten Sachen von zu Hause aus an die Kolleg*innen zu übergeben. Aber eigentlich meine ich vielmehr den sozialen Aspekt des Ganzen. Dass nicht alles hinter (finanziellen) Erfolg, Job und To-Dos gestellt wird. Sich neue Prioritäten entwickeln (wir selbst!). Dass wir auch mental mehr Rücksicht aufeinander nehmen. Dass wir immer mitdenken, dass wir doch oft nur die Fassade der anderen betrachten und wir alle dahinter unsere Probleme haben (die seit den krisenhaften Zeiten teilweise nur noch verstärkt wurden). Dass wir aufeinander achten, füreinander da sind. Und auch für uns selbst da sind und für uns und unser Wohlbefinden einstehen.

Aber manchmal habe ich gerade das Gefühl alles ist einfach nur vergessen. Das Tempo ist jetzt wieder bei dem „Zuvor” angekommen. Und…

Leistung steht wie immer vor Gesellschaft

Gestern habe ich nicht viel „geleistet”. Und doch versuche ich meine Leistung vor mir selbst viel höher anzusehen, als wenn ich „mich zusammengerissen hätte”. „Durchgezogen” oder „durchgepowert”. So wie früher. Ich hätte das Projekt, das ich etwas vor mir herschiebe, gestern schon begonnen. Hätte die Rechnungen nicht erst Freitagnachmittag herausgeschickt (Who cares?). Hätte proaktiv Dinge anschieben müssen mit voller Power (so wie es digital um mich herum erscheint).

Aber ich fühlte es einfach nicht.

Es läuft hier im Hintergrund (gemeint ist: hier in der digitalen Öffentlichkeit) immer viel mehr als Ihr seht.

Gestern habe ich mich nicht so gut gefühlt und mich ganz bewusst nicht „zusammengerissen”. Habe vor meinem Termin einfach Yoga gemacht und nicht meinen Job. Auch wenn ich als Selbstständige nichts verdiene, wenn ich nicht arbeite. Ich brauchte eine Pause. War nicht krank (hatte also keine „offiziell angesehene Ausrede”). Aber ich habe es einfach nicht gefühlt. Die letzten Wochen waren anstrengend und ich priorisierte gestern nicht den Job, sondern mich.

Wir regen uns manchmal als Millenials und Boomer über die „jungen Leute” auf. „Wo soll das wirtschaftlich hinführen?” Aber dieses „sich selbst zu priorisieren” und aus einer Work-Life-Balance vielleicht endlich eine Life-Work-Balance zu machen. Vielleicht sollten wir uns da einander annähern.

Etwas in mir schreit nach all den Jahren nicht nur als Online-Redakteurin, sondern jetzt auch als Stressmanagement-Trainerin und mittlerweile als Mentorin, trotzdem ganz laut: „Wie sieht das denn aus? Die Kolleginnen, die immer ihre Power zeigen, haben viel mehr Erfolg. Du darfst doch nicht den Hauch von Schwäche zeigen und keine Probleme, sondern immer nur Lösungen. Wie unprofessionell.”

Aber ich will heute schreiben: Ich will – verdammt noch mal (sorry Mom!) – dass es normal ist sagen zu können „Ich fühle es heute einfach nicht”.

Ohne vorgeschobenes Kopfweh… Einfach ohne Ausreden. Heute fühle ich es einfach nicht. Morgen bin ich wieder da. Auch für andere. Heute einfach (und nicht „nur”) für mich.

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Bild: Sophie Wolter


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