Life at 30: Diese ewige Rechtfertigung

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Du bist eine Frau um die 30? Dann kennst Du sie. Diese ewige Rechtfertigung.

Diese Woche habe ich das Wort „Bauchgeburt” gelernt. Das soll nicht despiktierlich klingen. Ich habe den Begriff wirklich erst kennengelernt und in diesem Zusammenhang wieder so viel in Bezug auf die immer währende Rechtfertigung wahrgenommen.

Diese Woche ging es in meinem direkten Umfeld viel um Geburten (Tante Sue drückt die Daumen!) und Schwangerschaften. Klar, schließlich bin ich 34 und kann die Freundinnen an einer Hand abzählen, die nicht entweder schwanger sind, oder schon Kids haben. Da bekomme ich natürlich viel mit. Und lerne auch einiges. Wie zum Beispiel diese Woche den Begriff Bauchgeburt. Vorher kannte ich ehrlicherweise nur Kaiserschnitt.

Aber es soll hier gerade um etwas anderes gehen, als dass ich mich in eine neue Welt einfinde. Es wurde mir der Eindruck vermittelt, durch Zusammenzucken und ehrliche Worte, dass es scheinbar eine „richtige” Art gibt, ein Kind zu bekommen. Natürlich (bedeutet vaginal) und teilweise – wie Banane ist das bitte – im Wetteifer, wer weniger Schmerzmittel gebraucht hat.

Warum braucht es eine Rechtfertigung? Gibt es eine „falsche” Art ein Kind zu bekommen?

Ich habe das schon mitbekommen, dass die unfassbar tollen und starken Frauen in meinem privaten und beruflichen Umfeld ganz schön was einstecken müssen, wenn sie sagen, dass sie einen Kaiserschnitt hatten/planen. Da kommt sofort die Rechtfertigung hinterher. Warum? Weil – besonders von anderen Frauen – vermittelt wird: Das ist die „falsche” Art ein Kind zu bekommen.

Ganz ehrlich: Es gibt 1000 Gründe für einen Kaiserschnitt. Und ich finde es sowas von daneben, wenn gerade Frauen anderen Frauen ein schlechtes Gefühl geben, weil sie ihr Kind nicht „natürlich” geboren haben. Wo fängt das überhaupt an und hört das auf? Bei der PDA? Beim Notkaiserschnitt? Also wirklich.

Und wenn ich keinen Kinderwunsch habe, dann muss ich mich auch rechtfertigen

Rund um das Kinderthema gibt es eine ganze Liste an Rechtfertigungen, die wir wohl alle kennen. Ich esse während der Schwangerschaft im Restaurant Salat/keinen Salat. Zack, wird die Rechtfertigung verlangt. Ich lege mein Kind ab/nicht ab. Rechtfertigung. Ich gehe so schnell wie möglich zurück in den Beruf/bleibe zu Hause. Rechtfertigung.

Fällt Dir was auf? Ich stelle hier direkte Gegensätze gegenüber. Bedeutet: Du kannst es nicht „richtig” machen. Nie. Irgendwer sagt bei den strengsten Erziehungsmethoden immer „Na hab Dich doch nicht so”. Oder wenn Du es lax nimmst, musst Du Dich rechtfertigen, weil Dein Kind doch so kein „Nein” lernt.

Das ist für mich schon sowas von anstrengend mitzuerleben. Dabei bekomme oder habe ich gar kein Kind! (Und meine Situation hat sich seit meinem Artikel aus 2019 „Was wenn ich nie ein Kind will?” noch nicht geändert.)

Aber das ist natürlich eigentlich der Nummer 1 Grund im Life at 30, warum ich mich immer wieder rechtfertigen muss. Mit 34 Jahren keinen Kinderwunsch zu haben, das ist für viele so, als würde eine Zehnjährige vor dem Disneyland stehen und sagen: „Nee lass mal, keine Lust.”

Ob ich wirklich einsam alt werden will? Ob bei mir in den Eierstöcken nichts passiert, wenn ich die Babys von Freundinnen auf dem Arm halte (wurde ich ernsthaft gefragt)? Ob ich es nicht bereuen werde? Warum ich so egoistisch bin? Ob ich Kinder hasse? Ob ich zu sehr auf die negativen Seiten achte und nicht alles richtig einschätze?

Die Fragen könnten ewig weitergehen. Aber Ihr kennt sie vielleicht ohnehin.

Warum immer diese geforderte Rechtfertigung?

Wenn die eine Freundin einen geplanten Kaiserschnitt machen möchte, dann ist das doch ihre absolut freie Entscheidung. Warum direkt verurteilen? Wenn die Kollegin ihr Kind kaum ablegt. Die andere es direkt in die Kita gibt und wieder in den Job einsteigt. Warum muss das alles sofort kommentiert und bewertet werden? In so vielen Fällen noch dazu so sehr von außen, dass man gar nicht den vollen Einblick in die Situation hat.

Jede Frau ist anders. Jedes Kind ist anders. Und – so auch in meinem Fall – auch jeder Lebensentwurf.

Liebe Frauen (ja, es sind hier wirklich zu 99% die anderen Frauen), lasst uns damit aufhören alles zu bewerten und zu verurteilen, wenn es ums Kinderkriegen oder eben ums „Nicht-Kinderkriegen” geht. Dann sind wir im Life at 30 auch nicht mehr ständig damit beschäftigt uns zu rechtfertigen.

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Bild: Sophie Wolter


2 Kommentare

  • Kathrynsky

    22. Mai 2022 at 12:02

    Alles so sehr!!!
    Je älter die Männer werden, umso eher fragen sie leider auch nach Kindern! Und sind natürlich entsetzt über die *Not your Business* Antwort. Je mehr Kinder in unserem Freundeskreis aufgetaucht sind, umso weniger wollte ich. Weil eben all die nicht so schönen Dinge auch besprochen werden und … Ne, im Moment nicht. Auch genauso ok 🫶 und trotzdem liebe ich die kleinen Würmer alle sehr sehr sehr!

    Antworten

  • Susan Fengler

    23. Mai 2022 at 18:18

    Jaaa, fühle ich sehr!

    Antworten

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