Life at 30: Ich muss nicht zu allem etwas öffentlich sagen

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Was mir gerade so sehr wünschen würde? Dass man nicht immer sofort ein Statement rausfeuern muss.

Mein Name ist Susan Fengler. Ich bin 33 Jahre alt (muss manchmal auch kurz darüber nachdenken, ob jetzt 32 oder 33). Lebe in Hamburg. Und kenne mich auf ein paar Gebieten richtig gut aus. Stressmanagement, Life at 30, Germanistik, Literatur, New York, Blog-Marketing und und und. Aber! Und jetzt kommt der springende Punkt… Auf vielen Gebieten kenne ich mich nicht gut aus. Bin weit entfernt von einem Expertenstatus.

Gerade bekommt man aber auf Social Media das Gefühl vermittelt, dass man zu allem und jedem ein Statement abgeben muss. Ganz à la: Aber Du äußerst Dich doch öffentlich. Schreibst Artikel für ein öffentliches Publikum. Dann musst Du doch auch zu jeder politischen Krise auf der Welt etwas posten. Sonst bist Du ignorant und lebst nur in Deiner Blase. Bist nicht engagiert oder politisch.

Eine kurze Durchsage: Ich (bzw. eher man) muss nicht zu allem öffentlich etwas sagen

Warum ich nichts über den Nahostkonflikt in meinen Instagram Stories gepostet habe? Weil ich finde, dass ich mich da nicht gut genug auskenne, um ein Statement abzugeben. So einfach ist es. Das überlasse ich doch lieber Politjournalisten und informiere mich in seriösen Quellen zu diesem hochbrisanten Thema.

„Nutze Deine Reichweite” wird da gerade oft gesagt, wenn man augenscheinlich nicht politisch genug in den Sozialen Medien agiert.

Natürlich ist es wichtig, sich für das politische Weltgeschehen zu interessieren und Missstände anzusprechen und Dinge zu zeigen, die einem wichtig sind. Aber ich finde es sehr übergriffig, dass beispielsweise jede (ich sage jetzt mal) Fashion Influencerin jetzt auf einmal ständig zu politischen Themen „Stellung beziehen muss”. Und es als negativ gesehen wird, wenn man zu einem tagesaktuellen Ereignis nichts gepostet hat.

Nutze Deine Reichweite

Ich nutze meine Reichweite beispielsweise dafür, um Frauen zu ermutigen. Um Menschen zu helfen, mit dem täglichen Stress besser umzugehen. Um positives Mindset und Mut zu vermitteln für den Alltag. Um zu zeigen: Mentale Gesundheit und innere Balance sind viel wichtiger als der Titel auf der Visitenkarte.

Natürlich teile ich hier und da auch einmal Politisches oder weise auf etwas hin, das ich auch darüber hinaus wichtig finde. Setze mich ein. Aber mein Account hat eine spezielle Richtung und da wird auch der Content dahingehend ausgewählt.

Nur weil ich nicht jedes tagesaktuelle Thema aufgreife und politische Statements absetze, bedeutet das überhaupt nicht, dass ich a) nicht politisch bin, b) ignorant oder c) mich nicht für Dinge einsetze. Aber es gibt für alles den richtigen Ort und Platz. Nicht alles sollte und muss politisiert werden.

Deshalb erwarte ich von meiner liebsten Beauty-Kollegin auch nicht, dass ich bei ihr die News im Liveticker bekomme. Wohl aber, welches Serum sie empfehlen kann.

Realitycheck: In meinem realen Offline-Leben geht es um noch so viel mehr als online. Weil beispielsweise eben ein Instagram Account zu einem bestimmten Thema nicht die gesamte Person und das gesamte Leben widerspiegelt.

Auch einfach mal zugeben können: Darüber weiss ich nicht genug

Ich würde mir in all der Cancel Culture heutzutage wünschen, dass man auch einfach mal sagt: „Dazu kann oder möchte ich gerade nichts sagen.” „Ich will mich hierzu erst einmal ausreichend informieren.” Als sofort eine Seite einzunehmen und dann im schlimmsten Fall andere Meinungen nicht zu akzeptieren.

Wir lernen alle im Austausch miteinander. Aber nicht dadurch, dass jeder (vor allem mit unzureichendem Kenntnisstand) immer sofort seine Meinung rausschreien muss. Manchmal sage ich nichts, höre zu und informiere mich. Diskutiere Dinge nicht auf meiner Social Media Plattform, sondern im wahren Leben.

Lasst uns ein „Darüber muss ich mich erst eingehender informieren, bevor ich etwas dazu sagen kann” gesellschaftsfähig machen. Nicht immer nur dieses: „Wo ist Dein Statement dazu?”

Bild: Sophie Wolter


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