Life at 30: Die „Du kannst alles haben”-Lüge

In: Life at 30
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Wenn Du es nur wirklich willst, dann kannst du alles haben. Gleichzeitig. Jetzt. Vielleicht ist diese „Du kannst alles haben”-Lüge das eigentliche Problem.

Vielleicht wurde es dir (im besten Falle) von deinen Eltern vermittelt. Oder von der Gesellschaft. Dieses Gefühl, dass dir die Welt offen steht. Wenn du dich nur genug anstrengst und es genug willst, dann kannst du alles haben.

Und mit diesen Gedanken im Kopf schmeißen wir uns Tag für Tag ins Hamsterrad und strampeln. Wenn wir es nicht „schaffen”, dann sind wir eben nicht gut genug. Können nicht genug oder strengen uns wohl einfach nicht genug an. Auf jeden Fall liegt es an uns (nicht etwa an unterschiedlichsten Voraussetzungen oder Privilegien, oder dass eine Gleichzeitigkeit von „allem” oft einfach nicht möglich ist).

„Du kannst alles haben” ist einfach nicht wahr…

Manchmal fällt es mir schwer, meine Workshops oder das Life at 30 Mentoring als „Coaching” zu bezeichnen. Weil viele „Coaches” genau mit diesem giftigen „Du kannst beruflich und privat alles haben, wenn du dich nur genug anstrengst” spielen. Dir einreden, dass du nur deine Wünsche „ins Universum” schicken musst und dann wird das schon.

Und das stimmt einfach nicht.

Natürlich ist es wichtig an dich selbst und an deinen Weg zu glauben. Davon rede ich gar nicht. Aber „Du kannst alles haben” ist ein Satz und eine Einstellung, die uns so unglaublich unter Druck setzt. Und an so vielen Stellen einfach nicht wahr ist. Von unterschiedlichen Voraussetzungen im Leben und Privilegien angefangen, bis hin zu einfach logischen Schlüssen im Alltag.

Wenn du gerade ein Kind bekommen hast, dann ist damit einiges verknüpft. Du wirst wenig Schlaf bekommen. Hast auf einmal kaum mehr eine Minute für dich. So viel Verantwortung (auch wenn du sie 50-50 mit jemandem teilen kannst). In der ersten Zeit kannst du nicht gleichzeitig deinen Job so weiterführen wie bisher. Musst erst einmal heilen. Klarkommen mit der neuen Situation. Ja, liebe Gesellschaft, auch nicht, wenn du selbstständig bist. Und statt uns hier Zeit zu geben, haben wir ein schlechtes Gewissen, weil wir nicht schnell genug hundertprozentig zurück im Job sind. Dieser große Druck, doch auch eigentlich alle anderen Bälle in der Luft zu halten, selbst, wenn das Leben sich mal eben um 180° ändert.

Und in all unserer gefühlten Unzulänglichkeit, da sehen wir irgendwo immer diese eine Person, die scheinbar doch alles haben kann. Ob auf Social Media oder in fiktiven Serien oder Filmen. Dass wir dabei nur das Idealbild ohne die versteckten Entbehrungen sehen, das vergessen wir immer wieder.

Es sieht oft so aus als könnten die anderen easy „alles haben”

Ich zeige dir immer wieder, dass ich mir auch mal einen Nachmittag bei Sonnenschein frei nehme in der Selbstständigkeit. Auf mich achte, indem ich beispielsweise genug schlafe. Pausen einlege. Nicht mehr nur noch „durchziehe” wie früher im Hamsterrad. Das sieht nach „Du kannst alles haben” aus, oder? Ein erfolgreiches selbstständiges Business, aber trotzdem mitten in der Woche mal frei nehmen. Vom Balkon aus arbeiten zu können. Ach eigentlich überall in der Welt. Am Wochenende trotz digitaler Arbeit aber trotzdem mal offline zu sein, weil ich weiß wie wichtig es für mich manchmal ist (das ist nicht so easy wie es aussieht übrigens, sondern war ein langer Prozess).

Aber in der Zeit, in der ich nicht arbeite, da verdiene ich auch kein Geld. So einfach ist die Rechnung. Würde ich mehr Geld verdienen, wenn ich Aufträge dazu nehmen würde? Auf jeden Fall. Hätte ich mehr Erfolg in den sozialen Medien, wenn ich mich jeden Tag stundenlang nur damit beschäftigen würde? Ja. Aber dann hätte ich auch weniger Zeit für Dinge die mir wichtig sind (Freundinnen, Pausen, Sport…) und auch keine, um neue Businesszweige zu entwickeln die Zeit brauchen, wie das Mentoring (worüber ihr und ich so glücklich seid).

Ich habe in der letzen Kolumne ja auch geschrieben, was Erfolg für mich heute eigentlich ausmacht (lies die Kolumne hier). Trotzdem muss ich für meinen nicht mehr so stressigen Alltag, meine Arbeit die mir Spaß macht und meine Werte (keine absurd hohen Coachingpreise bspw.) auch Abstriche machen. Kann eben nicht gleichzeitig Entschleunigung und so viel Verdienst haben, als würde ich rund um die Uhr ohne Pause arbeiten.

In meinem Fall ist meine Selbstständigkeit natürlich nicht ohne jeden Druck (selbst dann nicht, wenn wir den finanziellen Aspekt komplett außen vor lassen). Aber ich lebe nach meinen Prioritäten und damit kommen wir zu einem wichtigen Punkt.

Will ich überhaupt dieses „Alles”?

Ich priorisiere ständig in meinem Leben und das gebe ich auch in meinen Mentorings weiter. Der Plan: Herausfinden, was uns wirklich wichtig ist und Zeit und Energie genau da reingeben.

Schon diese beiden Sätze zerlegen das „Alles”, oder?

In den allermeisten Fällen reden wir uns ein (oder bekommen eingeredet), alles haben zu müssen. Am besten gleichzeitig (selbst wenn das in der Realität komplett unlogisch ist) und sofort. Karriere, Kind, Ehe, viel Geld – die Liste lässt sich weiterführen…

Dabei versuchen wir alles unter einen Hut zu bekommen. Alles zu schaffen. Die unendlich scheinende To-Do Liste des Lebens abzuarbeiten.

Aber will ich denn überhaupt „alles”?

Wir sollten wegkommen, von diesem unfassbaren Erwartungsdruck und hin zu Prioritäten im Leben. Denn es ist doch viel wichtiger, dass ich für mich herausfinde, was ich ganz individuell im Leben will, als einem scheinbaren „Du kannst alles haben”-Ideal hinterherzulaufen.

Und lasst uns dabei bitte ehrlich sein und auch von den Entbehrungen erzählen, die der ein oder andere Weg dann eben auch mit sich bringt. Selbst wenn es uns unser ganz individuell gewählter Weg ist.

Falls du weg vom „Alles unter einen Hut bringen” willst und mehr Klarheit, was du wirklich in deinem Alltag willst, dann schau dir gern mal mein Life at 30 Mentoring an. Und lies mehr über Erwartungsdruck in meinem eBook

Bild: Sophie Wolter auf Gut Damp


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