Life at 30: Das muss auch mal gesagt werden
In: Life at 30
Diese Woche habe ich nicht meine Arbeit priorisiert. Sondern etwas ganz anderes. Und das muss auch mal gesagt werden. Dringend.
„Du musst noch…” und „Das hast Du noch nicht erledigt!” schreit mich diese innere Stimme beinahe an. Und ich ignoriere sie. Auch wenn es schwer fällt. Ein komisches Gefühl blubbert in mir auf. Ich schmeiße das iPhone in die Tasche und laufe durch die Sonne zum Café.
In der letzten Woche hat mich etwas mal eben kurz umgeworfen. Zurück in eine Zeit versetzt, die für mich so schwer war, wie keine jemals zuvor. Mit voller Wucht trafen mich die Gefühle und alles kam für einen Moment wieder hoch. Ich musste mich fangen und habe das auch geschafft. Aber nur, weil ich im letzten Jahr sehr, sehr viel gelernt hatte. Und zudem hat auch mit Sicherheit geholfen, dass ich diese Woche mal anders angegangen bin.
Am Montag saß ich nämlich am Schreibtisch und die Kreativität und Energie für meine Arbeit, die ich eigentlich so liebe, wollte sich einfach nicht einstellen. Und da habe ich es einfach gelassen. Habe Netflix angeschmissen und danach ein Buch gelesen (der Witz geht auf mich, denn das hat mich am Ende unglaublich für meine Arbeit inspiriert ein paar Tage danach).
Diese Woche habe ich mich mit Freundinnen getroffen. Zum Mittagessen, zum Burger-Abend bei mir, zum Frühstück. Ich habe ganz klar diese Treffen – den sozialen Kontakt mit Menschen, die mir wichtig sind – gesucht und absolut an erste Stelle gesetzt. Habe dabei nicht ständig auf die Uhr geschaut. Ein Thema, dem ich mich beruflich widmen wollte, das habe ich eine Woche nach hinten geschoben.
Klar, meine beruflichen Termine und Mentorings habe ich eingehalten. Habe auch nicht „gar nicht gearbeitet”. Aber eben nur das absolut Wichtigste. Meine Prioritäten waren: gute Gespräche, wohlfühlen und nicht zuerst die To-Do Liste.
Das ist in unserer Gesellschaft nicht angesagt, aber das muss auch mal gesagt werden… dringend
Eigentlich stand auf meiner To-Do Liste auch eine sehr Recherche intensive Kolumne für heute. Die habe ich auch verschoben. Aber auch weil mir dieses Thema heute wichtig war.
Denn: Es ist sowas von „normal” und ich würde sogar sagen „angesehen”, wenn wir alles der Arbeit unterordnen. Wenn der Job den obersten Stellenwert hat und alles andere dafür weichen muss. Verständnis von allen Seiten.
Aber es kostet sogar mich wirklich Überwindung zu sagen (und auch hier zu schreiben), dass ich diese Woche nicht so viel gearbeitet habe wie sonst. Nicht, weil ich krank war und schlichtweg nicht konnte. Nicht, weil keine Arbeit da gewesen wäre. Nicht weil ich so eine stichfeste Ausrede parat hatte. Sondern einfach, weil ich andere Dinge priorisiert habe.
Und wenn ich ganz konkret sein will: Mich. Ich habe mich selbst priorisiert. Weil ich gemerkt habe: Scheisse, Dir ging es wegen dieser Sache in der noch gar nicht so lang vergangenen Vergangenheit so schlecht wie nie. Und Du brauchst das jetzt einfach. Ich brauchte, dass ich die dümmste Netflix-Serie aller Zeiten drei Stunden am Stück schaute, einfach um mich berieseln zu lassen. Brauchte das Versinken in einem Buch. Das ehrliche Gespräch mit einer Freundin, die ich viel zu lange nicht gesehen habe. Den viel zu teuren „Bananen-Matcha-Irgendwas-Smoothie”.
Obwohl ich durch meine Ausbildung und auch durch eigene Erfahrungen in meinen Dreißigern so viel gelernt habe, stellt sich beim „Zugeben nicht zuerst an die Arbeit gedacht und alles abgearbeitet zu haben” so ein schlechtes Gefühl ein. So wie wenn ich (ja, ich war eine kleine Streberin) mal nicht die Hausaufgaben vergessen hatte, sondern absichtlich den Mut zur Lücke ließ. „Werde ich dann ausgerechnet heute vom Lehrer aufgerufen?”
Aber weißt Du was: Es ist so wichtig, dass irgendjemand mal hier ganz laut rausschreit, dass es nicht immer nur zuallererst um die Arbeit gehen muss. „Easy for you to say, mit all der Flexibilität in der Selbstständigkeit” könntest Du jetzt sagen. Nee, gar nicht easy. Sondern eigentlich so richtig viel Druck, denn sobald Du nicht arbeitest ist die Folge auch kein Geld.
Doch obwohl das in der Gesellschaft so wenig angesagt ist, wie TikTok bei Ü50ern: Es darf auch mal alles andere wichtiger sein als Mails, To-Dos und Deadlines.
Manche Wochen sind fürs Reinwerfen in die Arbeit mit vollem Elan. Und manche, die sind für „nur das Nötigste machen” und Gespräche mit wichtigen Menschen. Für Frühstücken gehen, obwohl kein Wochenende ist. Einfach für mich.
Kannst Du jetzt Selfcare nennen oder aber einfach vollste Rebellion gegen das ganze „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen”.
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Bild: Sophie Wolter
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