Life at 30: Ich bin so mütend (und die Story hinter dieser Kolumne)

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Ich bin diese Woche so unglaublich mütend. Dass diese Wortneuschöpfung sich so verbreiten würde, konnte ich beim Schreiben noch nicht ahnen.

Eigentlich begann meine für den heutigen Tag vorgeschriebene Kolumne so: „Vor ein paar Tagen habe ich auf Instagram ein Wort gesehen (leider ist mir entfallen wo genau), das mich mitten ins Herz getroffen hat. Naja, vielleicht weniger ins Herz als in den Kopf oder in den Bauch. Auf jeden Fall mittenrein.”

Mütend. Das ist ein Gefühl. Ein Neologismus. Ein Mix aus müde und wütend. Und dieses Wort stand schon seit letzter Woche auf meinem Redaktionsplan für diese Kolumne heute. Ich schreibe Life at 30 ja meist nicht Freitagmorgens, sondern bereite den Artikel schon vor. Als ich Sarah Ende letzter Woche von meiner neuen Kolumnenidee erzählte, konnte ich noch nicht ahnen, dass mütend in nur wenigen Tagen das omnipräsente Wort sein würde.

Hatte ich es eigentlich nur irgendwo ganz versteckt auf Instagram gelesen und notiert, da war es ein paar Tage später ab Dienstag auf einmal ÜBERALL. Viele teilten das Posting vom SZ-Magazin. Abends sprach sogar Markus Lanz vom mütend sein. Als Online-Redakteurin biss ich mir natürlich erst einmal in den Hintern. Denn natürlich wäre es viel cooler gewesen, wenn meine Kolumne montags rauskommen würde und dann vor dem ganzen Wort-Hype schon online gewesen wäre. Aber hilft ja nix. So wartete sie bis heute in der „Blog-Schublade” auf ihre Veröffentlichung.

Und da scheinbar nicht nur ich so wahnsinnig mütend bin (vor allem in dieser Woche), kommt jetzt hier meine Kolumne zum Wort der Woche (und vielleicht des Jahres)!

Warum mir mütend sein gerade so passend erscheint?

In unzähligen Sprachnachrichten, WhatsApps und Telefonaten mit meinen Freundinnen und Kolleginnen, da geht es natürlich immer wieder um die aktuelle Situation. Natürlich. Und da sagte ich zu einer guten Freundin. „Auf Englisch gibt es so einen Ausdruck ‘I am tired of it’ und den finde ich gerade so passend.” Ganz wörtlich übersetzt: „Ich bin müde davon.” Hier schwingt aber nicht nur ein müde mit im Sinne von, ich muss einfach mal acht Stunden am Stück durchschlafen. Sondern auch ein „Es reicht. Ich habe genug. Ich bin genervt.”

Und genau das ist für mich mütend. Dieses Gefühl erschöpft und müde zu sein und gleichzeitig innerlich so wütend. Sascha Lobo hat in seiner Spiegel-Kolumne vom Groll geschrieben wegen des Staatsversagens. Er schreibt, dass er nicht zum Wutbürger wird, aber zum Grollbürger. Und das spielt hier auch mit rein.

Wasser auf die Mühlen der Verschwörungstheoretiker

Ich habe im vergangenen Jahr jede Regel befolgt. Lebe zwar in einer Ehe, aber ansonsten wahnsinnig isoliert (mein Mann ist mehr weg als zu Hause). So sehr, dass es wirklich schon mental schwierig ist. Und das sage ich, Stressmanagement Trainerin und Strahlemensch, die anderen immer versucht so viel Mut, Lebensfreude und Kraft zu geben.

Eine Kollegin und ich bezeichneten uns beim Spaziergang letzte Woche als „richtige Streber”, was das Einhalten der Covid-Regelungen angeht. Für sie ist es als Single noch schwerer.

Aber obwohl ich mich nicht rebellisch gegen die Regeln auflehne, da ist doch in mir dieser Groll. Und ich fühle mich kraftlos und müde. Denn ich hinterfrage natürlich die immer wieder neu erlassenen Regeln. Und fürchte mich auch. Denn wenn ich sie teilweise nicht nachvollziehen kann und ich mich aufrege. Dann ist das doch absolut Wasser auf die Mühlen von all den Verschwörungstheoretikern und Masken-Gegnern da draußen.

Eigentlich wollte ich diese Woche wieder eine witzige Life at 30 Kolumne voller Lebensfreude schreiben. Aber es fühlt sich einfach nicht richtig an. Nächste Woche lässt sich das mütend sein sicher wieder mit all meinen Feel Good Tricks verdrängen und ich finde lockere, leichtere Worte.

Ich komme auch wieder zurück zum Mutmachen, aber heute bin ich mütend

Ich bin mütend. Vor allem seit den neuesten Regelungen (und dem ganzen Chaos um die Beschlüsse). Weil ich langsam selbst als absolut positiv denkender Mensch keinen strukturierten Plan und keine rote Linie entdecken kann. Und das würde ich doch wirklich so, so gern.

Und so mache ich mir heute Luft. Um mich direkt nach dieser Kolumne wieder an Mutmach-und-Stressbewältigungs-Artikel für Euch zu machen. Weil wir trotz all diesem mütend sein nicht vergessen dürfen, dass wir viel besser durch diese Krise kommen, wenn wir uns gemeinsam unterstützen. Und weil ich weiß, wie wichtig gerade jetzt das „Nicht-Versinken” ist. Das Positive. Die kleinen schönen Momente zu sehen. Dankbar zu sein. Und Euch auch zu all dem durch meine Arbeit zu ermutigen.

Aber manchmal bin selbst ich eben auch einfach mal mütend.

Bild: Sophie Wolter


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2 Kommentare

  • Name*Alina

    26. März 2021 at 15:54

    Liebe Sue,
    ich liebe deine Kolumnen. Du spricht mir immer aus der Seele. Und so auch mit diesem Beitrag.
    #Mütend und ohne Perspektive…
    lg
    Alina

    Antworten

  • Susan Fengler

    29. März 2021 at 12:02

    Hallo liebe Alina, wie schön – Danke Dir für Dein Feedback. Hab eine gute (bessere) Woche!

    Antworten

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