Life at 30: Über das Durchziehen

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Durchziehen. Das war das Wort #1 in meiner „Hamsterrad-Zeit”. Augen zu und durch. Alles ja irgendwie schaffen. Egal wie ich mich fühle. Egal, egal, egal. Ich ziehe das jetzt durch. Warum ich dabei völlig das Durchatmen unterschätzt habe?

Aber wenn ich keine Familie plane, dann muss ich doch eine erfolgreiche Karriere machen. Das war vor ein paar Jahren in meinem Kopf. So fest verankert. Kind oder Karriere. Das absolut klassische Schubladen-Denken für die Frau im Life at 30. Also los. Egal, ob rund um mich Monat für Monat immer mehr Stellen gestrichen wurden: dann eben die Arbeit der anderen auffangen. Auch am Wochenende ständig erreichbar sein. Nie richtig abschalten. Wenn die Aufgaben sehr viel wurden, Zähne zusammenbeißen. Durchziehen. Ein lieber Kollege bezeichnete mich damals als die „Online-Maschine”, weil er sah, wie ich vor ihm in der Redaktion war und als er ging alleine noch da saß. Für die Belohnung eines neuen „Titels”, jeden kleinsten Gehaltssprung und neue Visitenkarten (die Gen Z weiß schon nicht mehr, was diese Pappdinger sein sollen), musste ich trotzdem hart kämpfen. Sowieso war dieses Durchziehen in der Retrospektive echt anstrengend.

Aber ich dachte: Muss ja. Schließlich muss die Arbeit gemacht werden und ich identifiziere mich seit jeher stark mit meinen Jobs. Weil ich meine Leidenschaften zum Beruf machte und ich zudem ehrgeizig bin. Dass auf der Skala zwischen „Ich will meinen Job gut machen” und „ich ziehe nur noch durch ohne Rücksicht auf mich selbst” aber noch ziemlich viel dazwischen liegt. Das habe ich damals nicht erkannt. Aber heute.

Durchziehen. Das war mein Wort – und das nicht nur für ein paar Wochen…

Schließlich muss ich doch alles irgendwie schaffen. Und nicht nur den Job, sondern auch noch die Freizeit zu organisieren. Am Wochenende stand ich im Supermarkt und fand es schon anstrengend, warum ich mir jetzt auch noch überlegen sollte, was am Wochenende gegessen wird. Zu viele Entscheidungen. Zu viel im Kopf.

Ich versuchte trotzdem all meine Rollen bestmöglich zu erfüllen. Die als Angestellte. Als Kollegin. Als Freundin. Als Tochter und beste Freundin. Die Mental Load Liste war so lang, dass sie als Buch ausgedruckt sicher dicker gewesen wäre als ein Tolstoi Roman.

Als ich vor lauter „durchziehen” dann abends immer häufiger einfach nur noch auf den Desktop starren konnte. Und mich eine Fahrt an die Ostsee oder ein Elternbesuch am Wochenende stresste, weil ich doch für die Arbeit erreichbar (und somit in der Nähe eines Laptops) sein musste. Da merkte ich: Das will ich so nicht. Und änderte so einiges. Heute weiß ich, dass es neben einem „Burn-Out”, den ich so zum Glück verhindern konnte, auch noch den wissenschaftlichen Begriff „Burnon” gibt. Also immer alles durchzuziehen und hinzubekommen, gerade noch so. Wie gut ich diese Erklärung verstehen kann.

Ich bin dann natürlich nicht auf einmal aufgewacht und habe gesagt „mir ist alles egal”. Ich identifiziere mich auch heute noch stark über meine Arbeit. Aber ich weiß schon längst, dass es nicht nur „Kind oder Karriere – oder im optimalen Fall beides” heißt. Ich weiß, dass es im Leben nicht darum geht, jeden Abend jeden einzelnen Punkt auf der To-Do-Liste abgehakt zu haben. Es geht auch nicht um Titel auf Visitenkarten.

Klar, mal für ein Projekt durchziehen oder für eine Weile, aber nicht als Status Quo

Es hat Jahre gedauert, bis ich verstanden habe, dass Pausen produktiv sind. Dass ich kein schlechtes Gewissen haben muss, weil ich auf mich und meine Bedürfnisse achte. Und wie das sich überhaupt anfühlt: Sich selbst so gut kennenzulernen, weil man nicht alles ignoriert und nur durchzieht. Ich ärgere mich heute über mich selbst, wenn sich einschleicht, dass ich „um Hilfe zu bitten” als Schwäche wahrnehme. Oder denke, ich muss unbedingt alles schaffen. Mittlerweile reagiere ich anders in Gesprächen, in denen unterbewusst signalisiert wird, dass Wert an Erfolge geknüpft ist.

Am Ende meines Lebens werde ich mich ganz sicher nicht fragen, ob ich alles „geschafft” habe oder ob ich mehr hätte „durchziehen” sollen. Ich werde mich fragen, ob ich wirklich so gelebt habe, wie ich es wirklich wollte. Wie es für mich richtig war. Nicht gesellschaftlich besonders angesehen.

Nicht immer nur durchziehen, auch mal durchatmen. Innehalten. Und statt alles nur abarbeiten zu wollen (beruflich und privat), im Moment sein. Alles aufsaugen und genießen anstatt es im Schnelldurchlauf vorbeiziehen zu lassen. Das fühlt sich viel besser an.

P.s. Falls Du meine Life at 30 Kolumne gerade so sehr fühlst: Genau aus diesen Gründen habe ich meine Ausbildung zur Stressmanagement Trainerin gemacht und das Life at 30 Mentoring gegründet. Schreib mir gern unverbindlich eine Mail (Sue@SueFengler.de), wenn Du Interesse an Stressmanagement oder dem Mentoring hast. Und verpasse nicht, dass Du nur noch bis zum 31. Januar beim Mentoring die Kosten des Starter Calls sparen kannst.

Bild: Sophie Wolter


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