Life at 30: Über „Barbie-Faszination” und Selling Sunset Hype

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Den Begriff „Barbie-Faszination” habe ich mir eben mal so ausgedacht. Weil er ziemlich passend ist, wenn es um Selling Sunset, aber auch Social Media geht.

Ich gebe es zu: Ich habe schon Tage nach dem Erscheinen die gesamte Staffel Selling Sunset gesehen. Wohl eine der ultimativen Guilty Pleasure Serien.

Und während ich bei den ersten Staffeln noch das Gefühl hatte, dass es eigentlich auch um Luxus-Immobilien geht (ich liebe es so sehr schöne Häuser anzuschauen). Da ging es doch jetzt eigentlich nur noch nebensächlich um Traumhäuser. Trotzdem habe ich Folge um Folge weiterlaufen lassen.

Warum? Denn schließlich müsste ich mit meiner Liebe für Architektur und Immobilien-Serien total enttäuscht sein, dass ich mehr Drama als Häuser sehe. Es hatte definitiv etwas mit „abschalten bei seichter Unterhaltung” zu tun, dass ich eben nicht abschaltete.

Nach der letzten Folge fragte ich mich dennoch, warum wir (ja haha mir schreiben so, so viele, dass sie auch schauen) so angefixt davon sind uns das Leben der Beverly Hills Ladys anzusehen. Und da fiel mir eben der Begriff ein:

Diese „Barbie-Faszination”…

Denn ganz ehrlich: Deutlicher könnte man das Schönheitsideal der Selling Sunset Frauen wohl nicht definieren als mit dem Wort „Barbie”. Also damit meine ich die ursprüngliche leider super dünne langhaarige Puppe, die – ich glaube mich richtig zu erinnern – so unrealistische Maße hat, dass sie im echten Leben nicht überleben könnte.

Lange Haare, Extensions, Gesichter so glattgebügelt von Botox und Lifting, dass sich die Sonne auf der Haut spiegelt. Wespentaillen und gemachte, große Brüste. XL-Highheels und Sport-Programme, damit die Beine möglichst dünn sind. So viel Filler in den Lippen, dass es aussieht als hätte man zehn allergische Reaktionen hintereinander gehabt. Outfits, die so wenig für den Alltag geeignet sind, dass ich mich mehrfach pro Folge frage, ob die Ladys im Café eigentlich mit ihrem blanken Hintern auf den Stühlen sitzen müssen. Oder wie sie überhaupt sitzen können.

Ist das meine Welt? Mein Schönheitsideal? Überhaupt nicht!

Und doch schaue ich zu. Schalte nicht weg. Fühle mich sogar unterhalten.

Dabei triggern mich bei Instagram genau solche „Plastik-Barbie-Accounts” so sehr, dass ich sogar Frauen entfolgt habe, die ich beruflich persönlich kennengelernt habe. Weil ich das „überfilterte”, „hingespritzte” Ideal so, so fragwürdig finde. Nicht nur für mich nicht erstrebenswert, oder schulterzuckend im Sinne von „soll doch jeder aussehen wie er will”. Sondern ich finde dieses Schönheitsideal teilweise sogar gefährlich.

Denn faltenfrei und „perfekt” aussehen zu wollen wie Barbie höchstpersönlich (bzw. nicht, denn sie würde als echte Person ja gar nicht funktionieren) ist für mich der Gipfel an Selbstoptimierung und Fakeness.

Und obwohl ich nur verwundert die Stirn runzle, wenn ich mir die Gesichter in Selling Sunset ansehe (was hier niemals möglich wäre) und darüber grinse. So merke ich in Gesprächen, dass es mit vielen auch etwas macht (deshalb nutzte ich oben das Wort „gefährlich”).

„Je mehr ich diese gebotoxten und gefilterten Gesichter auf Netflix und Instagram sehe, desto mehr fallen mir meine Falten morgens im Spiegel auf”, sagte mir eine Freundin vor Kurzem ganz ehrlich.

Also warum die Faszination, wenn uns das alles teilweise eigentlich gar nicht entspricht (nicht meine Welt und mein Ideal) oder sogar noch schlimmer, an uns zweifeln lässt und uns unrealistische Schönheitsideale vermittelt und ein verzerrtes Bild von uns selbst (wie im Gespräch mit meiner Freundin).

Warum unterhält mich solch eine Sendung, wenn sie mir doch so gar nicht entspricht?

Vielleicht ist es dieses Beobachten „der Welt der Reichen und Schönen”? Der Luxus? Die Unerreichbarkeit von „ich kaufe mir selbst als Maklerin mal eben selbst ein 2 Millionen Dollar Haus”?

Vielleicht ist es ein Eintauchen in eine ganz andere Welt?

Vielleicht ist es die Reise-Sehnsucht und der LA-Flair?

Vielleicht ist es auch die Abgrenzung zu all der Fakeness und dem Drama? À la „zum Glück bin ich nicht so”?

Vielleicht ist es wirklich diese sozialisierte „Barbie-Faszination”? Dieses scheinbare Ideal? (Nicht nur in einer Serie, sondern überall um uns herum. Denn trotz so wichtiger Diversity-Bewegungen scheinen so viele ja auch beispielsweise auf Social Media genau eben diesem Typ Frau folgen zu wollen.)

Für mich war das Schauen auch ein wenig wie das Blättern in einer Zeitschrift. Hier – teilweise sehr extreme – Outfits begutachten. Gossip. Drama. Schönes Interieur. Sonnenschein.

Vielleicht ist es eine Art Flucht in eine Realität, die zwar Boshaftigkeiten und zwischenmenschliche Entgleisungen enthält, aber keine Kriege, keine Pandemie (außer wenn mal ein Kellner eine Maske trägt und durchs Bild läuft). Eine Realitätsflucht in die Barbie-Welt, bei der Inflation keine Rolle spielt, weil sowieso alle ultra-reich sind. Vielleicht.

Vielleicht ist deshalb der Name „Selling Sunset” so passend. Denn hier wird ein Vibe verkauft, der scheinbar etwas in uns auslöst und uns fasziniert zuschauen lässt.

Bild oben: Unsplash.com


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