Life at 30: „Aber das würde bei Deinem Job doch so gut passen”

In: Life at 30
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Den Satz habe ich schon ein paar Mal gehört. Heute geht es um die Selbständigkeit und idealisierte Vorstellungen.

Wenn ich erzähle, dass ich selbständig bin, dann gibt es da verschiedene Vorstellungen und auch Vorurteile. Von „Ach damit kann man Geld verdienen” über „Naja, aber Dein Mann hat ja einen guten Job” habe ich schon viel gehört. Ich frage mich dann wirklich, ob bei selbständigen Männern auch direkt nach dem Beruf der Partnerin oder des Partners gefragt wird?

Manchmal hatte ich schon das Gefühl, dass davon ausgegangen wird, dass ich jeden Tag ausschlafe, mal eine Stunde das iPhone in die Hand nehme und sonst nicht viel passiert. Das ist natürlich Quatsch. Denn obwohl ich die Selbständigkeit mit jeder Faser liebe und gerade auch die Flexibilität in meinem Job, da ist ja dann doch viel mehr als auf den ersten Blick gesehen werden kann. Ich bin nicht nur Bloggerin und Mentorin, d.h. schreibe Artikel, erstelle und poste Content und gebe Coachings. Ich mache ja hier hinter den Kulissen eigentlich alles selbst. Nur zeigt man Umsatzsteuervoranmeldung, Kundenkorrespondenz und all das Organisatorische ja nicht täglich auf Social Media.

Außerdem ist es mental natürlich etwas anderes, regelmäßig exakt dasselbe Gehalt pro Monat zu erhalten und nicht auf Aufträge angewiesen zu sein (gerade während einer Pandemie, oder wenn es einem selbst einmal nicht gut geht). Auf der anderen Seite könnte ich eine ganze Seite mit „Pro”-Argumenten füllen, die meine Selbständigkeit seit sechs Jahren so erfüllend für mich machen.

Diese Woche kam allerdings ein anderes Thema in Bezug auf die Selbständigkeit bei Instagram und bei von mir geschätzten Kolleginnen auf. Schwangerschaft und Selbständigkeit.

Und obwohl ich aktuell (und vielleicht auch in Zukunft – hier habe ich darüber geschrieben) kein Kind plane, da habe ich die Online-Petition zum Thema Mutterschutz in der Selbständigkeit so schnell mitgezeichnet, dass meine Finger nur so über die Tastatur flogen. Denn auch bei einer Schwangerschaft in der Selbständigkeit gibt es diese „Ach das ist ja alles easy”-Vorstellungen.

„Aber das würde bei Deinem Job doch so gut passen”

Dieser Satz erinnert mich immer ein wenig an eine Aussage aus meiner Teenager-Zeit. Da sagte eine Freundin zu mir: „Aber der Domi (Name habe ich geändert), der ist doch so verliebt in Dich und so nett. Wieso bist Du nicht mit ihm zusammen?”

Naja, weil es unrealistisch ist eine Beziehung darauf gründen zu wollen, dass nur einer verliebt und eben „so nett” ist.

Genau so unrealistisch finde ich den Blick auf das Thema Schwangerschaft in der Selbständigkeit teilweise.

„Aber das würde bei Deinem Job doch so gut passen. Das ließe sich sowas von gut vereinbaren.” „Du kannst Dir Deine Arbeitszeit ja frei einteilen und dann einfach arbeiten, wenn das Baby schläft.” Schlaf, Bonding mit dem Baby und Heilung wird ja nach der Geburt auch komplett überbewertet (Ironie Ende).

Ja, die zeitliche Flexibilität in der Selbständigkeit ist in meiner Branche schon vorhanden. Und natürlich gibt es auch teilweise ein Netz im Umfeld aus Partner*in, Familie, das unterstützen kann. Was viele aber nicht sehen: Die Arbeit muss ja dennoch gemacht werden. Und wenn ich nicht arbeite, dann verdiene ich auch kein Geld.

Bedeutet: Mutterschutz in der Selbständigkeit ist ein riesiges Thema (und deshalb war ich auch so dankbar, dass wir alle gemeinsam die Petition pushen konnten). Ich kenne Kolleginnen, die schon eine Woche nach der Geburt wieder mit dem Laptop auf dem Sofa saßen. Weil sonst die Kunden abspringen und alles ja irgendwie am Laufen gehalten werden muss. Und – bisher zumindest – kaum einer in der Politik einmal darüber nachgedacht hat, dass es mit dem Mutterschutz und den Finanzen eben nicht so einfach ist, wenn wir als Frau selbständig sind. Das mit dem „Laptop auf dem Sofa” ist übrigens noch ein privilegierter Best-Case in meiner Branche. In anderen selbständigen Berufen heißt es eher: den Job nicht machen können, also auch kein Geld verdienen.

Die Superwoman-Vorstellung – ist ja alles ganz easy so „nebenbei”

Da sind wir wieder bei dieser idealisierten Superwoman, die von unserer Gesellschaft aufgebaut wird mit ganz viel Erwartungsdruck. Ich liebe es so sehr selbständig zu sein und habe den Schritt noch in keinster Weise bereut oder mich „zurückgesehnt”. Aber das Bild der Selbständigkeit möchte ich gerade bei uns Frauen auch gern immer wieder in ein realistischeres Licht rücken. Gerade auch wenn es um das Thema Vereinbarung Kind und Job geht (da bekomme ich in meinem nahen Umfeld so viel mit).

Denn kurz mal „nebenbei” die Wäsche machen im Home-Office. Dann noch „nebenbei” das Baby wickeln. Und „nebenbei” Business Mails und möglichst mit 2 Stunden Schlaf noch kreative Konzepte entwickeln. All das gepaart mit Existenzängsten und einer riesigen Portion Druck auch ja alles gut hinzubekommen. Vielleicht doch nicht alles so easy, wie es von außen betrachtet oft den Eindruck macht, oder?

Also lasst uns gemeinsam dafür sorgen mit viel Ehrlichkeit und Einsatz, dass sich hier etwas ändert.

Bild: Dennis Kayser


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