Life at 30: Warum wir Überarbeitung nicht feiern sollten
In: Life at 30

„Diese Woche versuche ich so wenig wie möglich zu arbeiten.” Das habe ich diese Woche zu meiner besten Freundin Sarah gesagt bzw. ihr als WhatsApp Nachricht gesprochen. Warum solch ein Satz oft auf hochgezogene Augenbrauen stößt und wir Überarbeitung nicht feiern sollten?
In meinem Buch „Less Stress in your 30s” schreibe ich, dass Pausen dringend auf eine Stufe mit Arbeit gestellt werden müssen. Und dass ich unbedingt gesellschaftlich davon wegkommen will, dass erfolgreich bedeutet, dass wir ständig beschäftigt sein müssen.
Und auf Instagram schrieb ich diese Woche: „Wir müssen aufhören Überarbeitung zu feiern. Nicht genug schlafen, die letzte Person im Büro, ständig unter Zeitdruck und beschäftigt. Zu oft steht Dauerstress für Status und Erfolg.”
Warum wir Überarbeitung nicht feiern sollten?
Wenn du den folgenden Satz liest, was macht das mit dir? „Diese Woche versuche ich so wenig wie möglich zu arbeiten.”
Ein solches Statement hat oft schnippische Antworten zur Folge à la „Na, wenn sie sich das leisten kann.” Wenn ich das nicht zu meiner Freundin sage, sondern im beruflichen Kontext, muss ich mich noch heute ein wenig rüsten, weil ich damit rechne, mich rechtfertigen zu müssen. Oder zumindest nachschieben zu müssen: „Ab Januar habe ich volle Power in meinen Buch-Launch gegeben dieses Jahr und hatte nicht nur drei Veranstaltungen in Buchhandlungen, sondern sogar noch eine komplette Buch-Tour quer durch Deutschland. All das während meine Arbeit mit Mentorings, Retreat-Vorbereitung ja auch noch lief. Und ich jeden einzelnen Tag etwas auf Instagram postete.”
„Oh, da hast du dir ja auch wirklich eine Pause verdient.” Ich würde mir so sehr wünschen, dass wir nicht das Gefühl haben, uns Pausen „verdienen” zu müssen oder uns nach viel zu langem Durchziehen irgendwann mal „gönnen” zu dürfen. Ja, unsere Sozialisierung und gesellschaftliche Strukturen stecken dahinter, ich weiß…
Das Gefühl sich für Pausen rechtfertigen zu müssen… aber Überarbeitung wird so oft gefeiert
Auf der anderen Seite, wird Überarbeitung immer noch viel zu sehr gefeiert. Ich kenne das selbst von früher. Bis es irgendwann absurd viel wurde, feierte ich mich selbst schon ein wenig dafür, wenn mein Magazin-Kollege zu mir sagte „Sue die Online-Maschine”. Weil ich oft vor allen im Office war und auch noch da saß, als alle gingen. Ich bin aufgewachsen mit Filmen wie „Der Teufel trägt Prada”. Privatleben? Papperlapapp. Das Handy meldete sich auch nach Feierabend und am Wochenende mit Job-To-dos.
Wenn ich während meiner Buch-Tour von Freund:innen erzählte, die auch jetzt noch teilweise im Büro abends ein paar private Nachrichten beantworten, obwohl sie alles erledigt haben. Nur um nicht die erste Person zu sein, die geht (oha und schon gar nicht vor dem Chef/der Chefin – wie sieht das denn aus?). Dann lachen viele, aber ehrlicherweise bleibt uns in der Runde das Lachen dann auch oft halb im Hals stecken. Weil wir solche Situationen aus dem Berufsalltag nur zu gut kennen.
Wie auch Teresa Bücker in „Alle_Zeit” schreibt, wird bei uns gesellschaftlich beschäftigt mit interessant gleichgesetzt. Lieber busy als boring, oder?
Ich sitze gerade am Schreibtisch (okay, in Mannheim ist es gleichzeitig auch der Esstisch) und schreibe diese Kolumne. Habe heute morgens schon Podcast-Content freigegeben und Mails beantwortet. Und dann – tief durchatmen jetzt: Habe ich mich eine Stunde mit einem Hörbuch auf den kleinen Balkon in die Sonne gesetzt. Einfach so. Nicht als Mittagspause. An einem Dienstag. Danach habe ich nicht etwa sofort wieder gearbeitet, sondern habe 30 min bei offener Tür und mit Blick auf die Sonne Yoga gemacht. War duschen. Ach ja und dann hatte ich einen beruflichen Call.
Während ich das schreibe, da höre ich die Kommentare „Na klar, die ist ja auch selbstständig.” „Keine Mutter” „Privilegiert”. Stimmt alles, aber das ist alles nicht ausschlaggebend, um der Pause ein besseres Image zu verleihen. Und Überarbeitung nicht mehr so zu feiern.
Vor Kurzem sagte ich bei einer Veranstaltung, dass ich bei meinem ersten Agenturjob die Raucherpausen mitgemacht habe. Ohne Zigarette, mit Tee in der Hand. Weil ich sonst wichtigen Flurtalk verpasst hätte und weil ich neidisch war, auf diese selbstverständliche 15-Minuten-Pause fern vom Schreibtisch. Ich war so jung, aber diesbezüglich schon sehr clever.
Ich will, dass das endlich aufhört mit dem Selbstoptimierungs-Produktivitäts-Busy-Lifestyle. Ständig kurz vor dem Ausbrennen zu sein, das ist nicht cool, sondern verdammt anstrengend. Ich bin nicht mehr Wert je mehr Stunden ich wie festgewachsen am Schreibtisch sitze (und übrigens ab einem gewissen Punkt auch ganz und gar nicht produktiver).
Wir können ja damit anfangen andere zu bestärken, wenn sie sich Pausen nehmen. Auf ihre Bedürfnisse achten. Nicht mit den Augen zu rollen oder sofort Rechtfertigungen zu verlangen, wenn mal nicht alles hinter den Job gestellt wird. Okay?
Falls du dir mehr Job-Zufriedenheit wünscht und eine bessere Balance, dann schau dir gern mal mein Mentoring-Programm an (Prio-Ich ist auch altersunabhängig). Und für eine Auszeit und ein Highlight im Herbst meine Retreats (die Anmeldung ist offen, die Plätze limitiert).
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