Life at 30: Und auf einmal ist Fake das neue Ideal

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Natürlichkeit und Ehrlichkeit sind out. Genau so wie das Wort „out” wahrscheinlich. Fake im Gesicht, Fake im Business. Wann wurde Fake das neue Ideal?

Da machen schon Teenager Filler in ihre Lippen. Und sogar Kolleginnen, denen ich es nicht zugetraut hätte, pushen ihre Instagram-Accounts mit Fake-Likes und Fake-Followern. Ich sage es Euch ganz ehrlich, manchmal würde ich so gern aussteigen aus dieser Social Media Welt, die mir immer wieder Fake als neues Ideal präsentiert.

Fake-Beauty: Auf einmal wollen alle aussehen wie ihre Filter

Gerade diese Woche habe ich mit einer lieben Kollegin über Filter auf Instagram diskutiert. Mittlerweile sind die manchmal so gut, dass man gar nicht weiß, ob das Gesicht nicht wirklich in der Realität so aussieht. Volle Lippen, größere Augen, eine Haut ohne Poren. So wollen alle aussehen und so wird sich mit Filtern und Photoshop „inszeniert”. Denn es ist eine Inszenierung und nicht die Realität.

Naja, bis man auf einmal draußen im Restaurant sitzt und sich mit der Freundin erstaunt umschaut. Plötzlich realisieren wir: Die Generation um die 20 sieht auch im echten Leben aus wie ihre Instagram-Filter. Contouring, baking, strobing. Da wird jede Schmink-Variante eingesetzt, bis das Gesicht so zugekleistert ist, dass es völlig verändert aussieht. Aber wenn es nur beim Make-up bliebe, das wäre ja schön. Die Stars machen es vor: Natürlichkeit ist sowas von von gestern. Die Kardashians, Dua Lipa, Social Media Influencer sind jetzt die Beauty-Vorbilder. Das heißt dann auch, dass bei den Dermatologen die Filler heiß laufen. Aufgeplusterte Lippen hat jetzt schon jede Zweite.

Wie gefährlich dieses ganze Fake-Beauty-Ideal doch ist. Wenn man nicht hinter die Fassade blickt und denkt: Warum haben all die (Social Media) Stars gar keine Poren oder Pickel? Teenagern wird gezeigt, nur schon unnatürlich volle Lippen sind schöne Lippen. Vom Körperwahn ganz zu schweigen. Wenn ich sogar weiß, dass Beine seit Jahren von der ein oder anderen „länger gephotoshoppt” werden. Wenn dieses unrealistische Beauty-Bild plötzlich wirklich zum Ideal wird.

Ganz ehrlich: Wenn ich eine Tochter im Teenager-Alter hätte, dann hätte ich sowas von stark das Bedürfnis, ihr das Handy wegzunehmen und irgendwo ohne Internetempfang aufs Land zu ziehen. Und das, obwohl ich das Internet so sehr liebe und sogar meinen Lebensunterhalt rund um Social Media bestreite. Social Media eigentlich wegen des nahen und direkten Austauschs so großartig finde.

Aber Fake ist nicht nur in der Beauty-Welt der neue Trend, sondern auch im Business

Tatsächlich habe ich die Sehnsucht nach dem Ausstieg aus der Social Media Welt gerade aber auch oft persönlich. Da brauche ich gar keine Kinder zu haben.

Wenn Du mit Instagram arbeitest und jeden Tag mitbekommst wie dort an so vielen Ecken und Enden Fake zum Erfolg führt. Und da spreche ich leider nicht nur von rosa gephotoshoppten Wolken und davon, dass alles visuell perfektioniert wird. Sondern auch richtig vom Business.

Vor Jahren war ich noch naiver als heute. Und war überzeugt, dass diese Fake-Blase bald platzt. Dann gaben sogar Influencer zu, Fake-Follower und Fake-Likes gekauft zu haben. Und statt wie in der Wirtschaft üblich gab es keine Schadenersatzforderungen oder Klagen. Der Fake wird nicht nur toleriert, sondern sogar gefördert. Wird nicht abgestraft, wie man es noch vor Jahren ganz naiv glaubte. Ganz ehrlich: Hätte ich als Unternehmen sagen wir 1000 Euro aufgrund von Reichweite für ein einzelnes Instagram-Bild bezahlt, um dann zu erfahren, dass es eine Fake-Reichweite war und die echte nur maximal die Hälfte. Ich hätte gesagt: Wo sind meine 500 Euro?

Aber da bin ich auch immer noch zu blauäugig. Denn längst sehe ich selbst bei Kolleginnen (die auch leider direkte Konkurrentinnen bei Kunden sind), denen ich es nie zugetraut hätte, die Like-Blöcke nach ein paar Minuten und habe sogar Screenshots, wie zu tausenden in Blöcken die Follower gekauft werden. Bis dann die magische 100.000-Marke erreicht ist und nur noch langsamer zugekauft wird. Und das sehe nicht nur ich. Seit Jahren habe ich immer wieder Diskussionen, sogar mit Branchengrößen und Agenturen. Am Anfang dachte ich, wenn wir das alles aufdecken, dann wird es ehrlicher. Aber langsam verliere ich bei all dem Fake meine Naivität. Und kann nicht mehr guten Gewissens in diesem Bereich sagen: Wer hart und ehrlich arbeitet, wird auch erfolgreich. Denn ich werde zu oft desillusioniert, mit Aussagen, dass man gar nicht so genau hinsehen und prüfen will. Denn man will ja das eigene Business nicht kaputt machen.

Meine Reaktion auf all den Fake?

Tatsächlich fällt es mir manchmal schwer täglich all diesen Fake zu konsumieren. Meine Reaktion: Ich folge Accounts nicht mehr, die das Fake-Beautybild verkörpern. Versuche authentische, ehrliche Accounts und Frauen aktiv zu pushen, indem ich ihre Bilder like und sie auf meinem Kanal empfehle.

Statt mir die Lippen aufspritzen zu lassen und Follower und Likes zu kaufen, versuche ich ein Gegenbild zu liefern. Hinterfrage meine Arbeit noch mehr. Will noch authentischer und natürlicher sein. Jetzt erst Recht.

Und die Sache mit den Fake-Likes und Fake-Followern überall um mich herum? Die versuche ich mittlerweile zu verdrängen (und das geht mal mehr, mal weniger gut). Sage Kolleginnen, die mich auf Faker ansprechen sogar, dass ich mich nicht darüber aufregen will. Weil ich schon so oft die Hoffnung hatte, es ändert sich durch Aufdecken etwas und dann doch enttäuscht wurde. Weil ich dann frustriert werde. Denn wenn ich mich jeden Tag damit beschäftigen würde, wie ungerecht das alles ist, dann hätte ich schon längst die Sache mit dem Leben auf dem Land ohne Internet durchgezogen…

Statt mich ganz zurück zu ziehen, versuche ich lieber meine anderen Business-Zweige weiter zu fördern, als nur auf eine App zu setzen. Und selbst in der App wieder das Gegenbild zu liefern. Mit einer kleineren Community, aber dafür mit viel Ehrlichkeit und Authentizität. Solange bis ich dann diesen Teil meines Jobs nur noch als Hobby mache und nicht mehr beruflich, weil man nicht mal mehr der eigenen Community mehr ausgespielt wird. Das so realistisch zu sehen ist aber auf jeden Fall gesünder, als mir wie in den letzten Jahren immer wieder einzureden, dass sich bald etwas ändert.

Bild: Dennis Kayser


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2 Kommentare

  • Kirsten

    25. September 2020 at 13:15

    Liebe Sue,
    danke für diesen Artikel! Deinen Unmut kann ich absolut nachvollziehen – auch wenn ich Instagram natürlich nur für das Verbinden mit Freunden oder vielen schönen Hunde- und Handarbeitsaccounts folge. Ich schmeiße auch schon häufiger Accounts raus, die einfach nur Fake sind und ertappe mich trotzdem dabei, wie ich mich frage, warum das x tausendste Püppchen so viele Follower hat…

    DU machst deine Sache jedenfalls super und ich denke, dass viele deiner Follower*innen dich genau dafür schätzen <3

    Liebe Grüße,

    Kirsten

    Antworten

  • Susan Fengler

    25. September 2020 at 15:58

    Tausend Dank für diesen Kommentar liebe Kirsten!

    Antworten

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