Life at 30: Mich selbst richtig einschätzen
In: Life at 30
In Marrakesch da gab es diese eine Situation in der ich dachte: Davon muss ich Euch in der Life at 30 Kolumne erzählen. Worum es geht? Darum, sich selbst richtig einschätzen zu können.
Mein Herz pocht etwas. Ein bisschen aufgeregt bin ich doch, als ich zum zweiten Mal in meinem Leben auf ein Quad steige. Das erste Mal war vor Jahren in Griechenland auf der kleinen Insel Santorini. Damals hatte ich wahnsinnig viel Spaß dabei, mit dem Quad von einem kleinen Ort zum nächsten zu düsen. Dieses Mal da bin ich aber in der Wüste vor Marrakesch. Eigentlich eine Steindürre. Die „richtige” Wüste ist noch mehrere Stunden Fahrt entfernt. Trotzdem sehr beeindruckend diese hügelige Weite, die auf der einen Seite noch gelb und grün strahlt und dann plötzlich nur noch trockener beiger Boden ist.
Wir haben für diesen Tag eine Quad-Tour gebucht. Raus aus dem Gewusel der Medina – in die Stille und Weite. Dafür sind wir etwa vierzig Minuten aus der Stadt heraus gefahren. Wir erfahren, dass wir die einzigen Tour-Teilnehmer sind. Und dann geht’s auch schon los. Helm auf und ab auf den Übungskurs.
Sich selbst richtig einschätzen – das ist so wichtig
Das Quad zu fahren, das verstehe ich wieder sofort. Aber der Übungskurs hat es für mich mit seinen Kurven und der buckeligen Fahrbahn schon in sich. Auf der Straße oder den Wegen auf Santorini zu fahren, das ist schon leichter gewesen als auf dieser buckeligen Fahrbahn mit den eingelassenen Kurven. Bei jeder Kurve denke ich: Hoffentlich schere ich hier nicht zu sehr aus und fahre aus ihr heraus.
Nach ein paar Runden bin ich ehrlich gesagt froh, dass wir kurz anhalten. Hat zwar irgendwie geklappt, aber ich musste mich so sehr auf das Fahren und die Kurven konzentrieren. Da bekomme ich ja gleich von der beeindruckenden Aussicht (weswegen ich ja die Tour machen wollte) gar nichts mit, weil ich so mit dem Fahren beschäftigt bin. Der Guide fragt mich: Alles okay? Fühlst Du Dich sicher? Und dann sage ich etwas, das so gar nicht zu meiner Persönlichkeit passt: Ich will doch lieber mitfahren und nicht selbst fahren.
Klingt eigentlich wie eine einfache Aussage. Ich bin aber sehr ehrgeizig und ja auch ein wenig stolz. Ist schon wie eine Niederlage für mich. Als sei ich nicht gut genug. Als gäbe ich mir die Blöße. Aber dann denke ich später noch einmal über diese Situation nach. Es ist doch so wichtig, sich selbst richtig einschätzen zu können. Was hätte es mir denn gebracht, verbissen auf dem Quad zu sitzen und nichts von der atemberaubenden Kulisse mitzubekommen, weil ich nur die nächste Kurve und den nächsten Hang vor Augen habe. Und dass nur um mir (und den anderen) etwas zu beweisen.
Belohnung für das selbst richtig einschätzen
Und wisst Ihr was, dieses sich selbst richtig einschätzen zur Folge hatte? Der Guide und Jens waren richtig happy, da sie als erfahrenere Quad-Fahrer so eine richtig spannende Tour für uns fahren konnten. Später sagte mir der Guide, dass wir mit mehreren Teilnehmern und mit mir als Anfänger nie so weit gekommen wären und dass er anderen Gruppen nicht annähernd so viel zeigen kann und es jetzt auch viel spaßiger war, als wenn man die ganze Zeit nur 20 km/h und die kleinere Tour fährt.
Dadurch, dass ich mich selbst richtig einschätzen konnte, habe ich uns also eine viel spannendere Quad-Tour durch die Steindürre beschert. Und mir ein beeindruckendes Erlebnis. Bei dem mir besonders in Erinnerung blieb, wie ein Hirte im marokkanischen Gewand seine Ziegen über die gelb leuchtenden Felder trieb. Ein Bild, das ich nie vergessen werde, und das ich vielleicht beim Kampf mit der nächsten Kurve gar nicht richtig hätte bemerken können.
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