Life at 30: „Mamaaa, wann sind wir da?”

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Lest die Überschrift mal laut vor. Schon sitzt Ihr mit fünf Jahren im Auto, oder? Naja, oder wenn Ihr Moms seid, dann vielleicht einfach mit einem 5-jährigen Kind.

Ich sag es Euch. Die Life at 30 Kolumne schrieb sich diese Woche nicht gerade von selbst. Weil ich ehrlich sein, die aktuelle Woche einfließen lassen, aber auch ein wenig positiv und witzig sein wollte. Nicht so einfach gerade bei der aktuellen Stimmung.

Also greife ich die Stimmung einfach auf. Und gerade habe ich das Gefühl, wir sitzen alle kollektiv in diesem Auto und brüllen den Eltern (aka Politikern) entgegen: „Wann sind wir endlich daaaa?”.

Life at 30: „Mamaaa, wann sind wir da?”

Treffender, szenischer könnte ich die Stimmung gerade nicht beschreiben. Und es ist auch sowas von verständlich. Wurde doch überall gesagt: Jaaa, 2021 daaa wird alles besser. Wir müssen nur 2020 erst loswerden. Dann der „Überraschungsmoment”: Wie Corona hat sich, obwohl wir nur fünf von zehn Verwandten an Weihnachten getroffen haben, nicht ganz plötzlich verabschiedet? Stattdessen neuer Lockdown, Virus-Mutationen und dann auch noch verrückte Amis in Washington. Wie war das mit 2021? Hat jemand noch den Kassenzettel für den Umtausch?

Durchhalten ohne durchdrehen – bzw. manchmal auch mit

Gerade gilt das kollektive Durchhalten. Durchhalten ohne durchdrehen. Gelingt mit Kids im Home-Office und Verschwörungstheoretikern an jeder Ecke aber nicht gänzlich ohne Durchdrehen. Und wir dürfen ruhig mal so richtig ins Kissen schreien (in der Mietwohnung wohl die beste Lösung).

Ich hätte gestern dem Speditionsmitarbeiter auch am liebsten auf sein Anpöbeln und sein „Scheiss Corona” als Antwort auf mein mit Maske verdecktes Gesicht (er natürlich ohne Maske) eine Flut an Sachen an den Kopf werfen wollen. War da auch mal kurz vorm Durchdrehen, weil ich dachte „Du Idiot, ich trage die Maske für Dich und nicht für mich. R-E-S-P-E-C-T!” Und da darf ich mich auch aufregen. Das habe ich zwar mit ihm nicht ausdiskutiert (weil: er ohne Maske), aber ich war kurz mal so richtig sauer.

Der Geduldsfaden ist bei all dem Schwachsinn, den die Pandemie wie eine Begleiterscheinung bei manchen Menschen mental mit sich bringt, eben langsam immer kürzer. Es ist wie in New York: Ich gehe so oft zur Seite, damit der Rücksichtslose auf dem vollen Bürgersteig nicht in mich rein knallt. Aber manchmal macht mich das Ausweichen eben auch fuchsteufelswild.

Das Ende ist nicht in Sicht

Denn das Schwierige an der Situation gerade, ist, dass wir die Ziellinie nicht sehen. Lockdown vielleicht bis nach Ostern. Vielleicht auch nicht. Kein Wunder, dass wir am liebsten laut schreien würden „Mamaaa, wann sind wir endlich daaaa?”. Aber Mama weiß es auch nicht. Selbst Mama Merkel nicht wirklich. Und vielleicht bist Du sogar selbst die Mama und hast keine Ahnung, was Du antworten sollst.

Und zum zeitlichen Aspekt kann keiner so richtig sagen, wie sehr es welche Lockdown Art so richtig bringt. Maßnahmen sind wichtig, aber nach Monaten auch manchmal schwer zu tragen. Die Kosmetikstudio-Besitzerin schließt monatelang und schaut dabei kritisch ins vollbesetzte Büro nebenan durchs Fenster.

Wir sehnen uns nach der schnellen Lösung. Klar, der Impfstoff ist da, aber auch hier wird Durchhaltevermögen verlangt.

Und dieses Durchhalten das wäre nunmal leichter, wenn man wüsste: Ab Datum xyz, da wird alles wieder normal. So ein „Enddatum” wäre sowas von herrlich, oder? Genau so unrealistisch ist es aber auch, das jetzt einschätzen zu können. Und was bedeutet überhaupt normal? Wird es nicht viel eher der medial so gern genutzte Begriff „the new normal”? Denn einfach einen Schalter umlegen und alles ist wieder wie vorher, so wird es wohl ja leider nicht.

Ich bin wahnsinnig dankbar für meine berufliche und private Situation. Aber auch ich würde gerade in so vielen Momenten so gern jemandem entgegen schreien können „Wann sind wir daaa?”. Wie schön es doch damals war, als man klein war und der festen Überzeugung: die Eltern und die Erwachsenen wissen alles.

Aber gerade kann uns keiner eine festgelegte Zeit zurück schreien. Und so hoffe ich nur, dass wir mit viel Miteinander und Gemeinschaftsgefühl durchhalten – auch ohne Zielflagge vor Augen. Ohne gegenseitiges Zerfleischen und noch mehr Verschwörungstheorien.

Und manchmal hilft auch für fünf Minuten zumindest ein wenig die Realitätsflucht. Ich träume mich jetzt mal ins Auto von früher, wo Durchhalten nur etwas mit einer vollen Blase zu tun hatte. Und das nach unzähligen Snacks und der obligatorischen Nachfrage, dann irgendwann vor einer Ferienwohnung in Frankreich in der Sonne hielt.

Bild: Sophie Wolter


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