Life at 30: Keine Mutter sein wollen
In: Life at 30

Ich werde keine Mutter sein. Nie. Ob es für mich möglich wäre? Das weiß ich nicht einmal, denn ich habe es nicht versucht. Warum eine bewusste Entscheidung gegen ein Kind auch nicht immer einfach ist?
Letzte Woche fiel mir auf: Wir werden nie für uns Muttertag und Vatertag feiern. Und das haben wir uns selbst so ausgesucht, was es so viel leichter macht. Kein unerfüllter Wunsch, sondern es gab nie einen. Aber sich selbst bewusst gegen ein Kind und gegen das Muttersein zu entscheiden, das ist auch nicht immer easy.
Keine Mutter sein wollen
Dass ich schreibe, „keine Mutter” und nicht „keine Eltern”, das liegt nicht nur daran, dass ich die Kolumne natürlich aus meiner Perspektive schreibe. Sondern auch, dass ich der Meinung bin, dass ich mich für das „Nicht-Mutter-sein” deutlich häufiger rechtfertigen muss als mein Mann für das „Nicht-Vater-sein”. Dass ich mich selbst anfangs tausende Male hinterfragt habe, was denn mit mir falsch sei. Warum ich unter meinen Freundinnen so ein Alien bin, die nicht einmal die typischen Muttergefühle bekommt, wenn sie das süße Baby der Freundin auf dem Arm hat (oder bei ihrem Mann im Arm sieht).
Ich werde nie eine Mutter sein. Das so aufzuschreiben lässt mich nicht kalt, obwohl es meine eigene bewusste Entscheidung ist. Vielleicht könnte ich ohnehin keine Mutter sein. Ich weiß es nicht. Wir haben es nie versucht. Ich habe noch nie einen Schwangerschaftstest gemacht und dass ich beinahe eben „machen müssen” geschrieben habe, das sagt schon alles.
Meine Freundinnen haben teilweise schon zwei Kinder – und ich? Sehe mich nicht als Mutter. Habe mich noch nie als Mutter gesehen. Hatte keine Zukunftsvisionen von einer Familie, obwohl ich gerade Großfamilien unfassbar schön finde. So viel Mehrwert darin sehe. Aber ich sitze bei dieser Familie mit am Tisch und danach fahre ich wieder nach Hause. Und das fühlt sich gut an.
Früher dachte ich „Ja, vielleicht kommt das noch. Vielleicht wache ich eines morgens auf und denke, dass ich unbedingt ein Baby will. Vielleicht.” Oder mein Mann möchte es und es eröffnet sich eine völlig neue Unterhaltung darüber. Erst im letzten Jahr habe ich mir an meinem 37. Geburtstag zugestanden zu denken: Dieser Moment wird nicht kommen.
Warum das aber auch nicht leicht ist?
Ich kenne Frauen, die wünschen sich nichts sehnlicher als ein Kind. Ich spüre ihren Schmerz und es tut mir so Leid. Gleichzeitig frage ich mich: Warum habe ich diesen Wunsch nicht? Es kommt mir seltsam vor, weil mir als Frau so stark signalisiert wird, auch 2025, dass das irgendwie nicht normal ist. Als wäre ich damit allein. Dann schreibe ich ehrlich, aber eher beiläufig in meinem Buch „Less Stress in your 30s” darüber, dass ich keinen Kinderwunsch habe. Die Folge? Nach Lesungen und Talks werde ich immer wieder von Frauen angesprochen, die jünger sind als ich und die mich fragen, wie ich mit den Nachfragen umgehe oder umgegangen bin. Die mich ansehen und sagen: „Es tut so gut zu hören, dass ich nicht die Einzige bin.”
Ich bin übrigens nicht wie in Hollywoodfilmen diese Frau, die mit spitzen Fingern das Baby der Freundin in der Hand hält und nichts damit anzufangen weiß. Bei Kindern komme ich als Tante Sue gut an. Ich glaube sogar, dass ich eine gute Mutter wäre. Hey, ich habe jetzt schon immer Feuchttücher und Pflaster in jeder Tasche und bin für jedes Werfen auf den Basketballkorb zu haben… Bevor ich jetzt böse Nachrichten bekomme: Mutter bzw. Eltern sein, das ist so viel mehr. Ich weiß und will das mit einem Scherz nicht kleinreden. Habe größten Respekt vor allen, die diese Verantwortung übernehmen. Die in einem System, das es ihnen schwer macht, Vereinbarkeit leben. Gleichzeitig wünsche ich mir aber mehr Respekt, wenn sich jemand dazu entscheidet, kein Kind bekommen zu wollen. Respekt statt eingeforderter Rechtfertigungen.
Keine Mutter sein wollen – das bedeutet nicht, dass ich keine Kinder mag. Nicht, dass ich die Kids meiner Freund:innen nicht liebe. Nicht, dass ich nichts von euren Kindern erzählt bekommen will. Nicht, dass ich nicht mit Müttern im Mentoring arbeiten kann. Nicht, dass ich nichts für die Gesellschaft oder Rente (ja, ihr glaubt nicht, was man für Sprüche hört) mache. Es bedeutet nicht, dass ich egozentrisch bin. Nicht, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass es für viele das größte Glück ist. Aber auch nicht, dass etwas falsch mit mir ist. Dass mein Leben nicht einfach großartig werden kann, auch ohne Kind.
Es bedeutet einfach nur, dass ich keine Mutter sein will.
Bild: Sophie Wolter
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