Life at 30: Ich nenn’s mal „Social Ausmisting”

In: Life at 30
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Während ich da so tagein tagaus allein zu Hause saß, da hatte ich eine Erkenntnis. Nennen wir es „Social Ausmisting”.

Ja, bevor jetzt ehemalige Professoren meines Germanistik und Anglistik Studiums hier Mails schreiben. „Social Ausmisting” ist natürlich kein richtiger Begriff. Den habe ich mal eben so neu erfunden. Aber dieser Neologismus (ha macht sich das Studium mit Auszeichnung doch noch bemerkbar) passt einfach gerade so gut.

Die Idee zu dieser Kolumne kam mir während ich mit mir selbst laut debattierte, ob ich das Radio beim Arbeiten anmachen soll oder den nächsten Home-Office Snack essen. Okay, das stimmt so nicht ganz, zeigt aber ziemlich deutlich das ganze „Loneeelyyy, I’m so lonelyyyy”-Szenario auf. Ich weiß: Mindestens 538 Mütter, die gerade mitlesen, reiben sich da verträumt die müden Augen (oder Ohren?), wenn sie hören, dass es mir manchmal hier sowas von zu still und einsam ist.

Aber auch wenn ich nie (wirklich nie!) wieder ins redaktionelle Großraumbüro zurück will mit drei verschiedenen Radiosendern, zehn Telefonaten und Noise Cancelling Kopfhörern auf stumm, damit ich mich auf den Artikel konzentrieren kann (keine Übertreibung!). So fühle ich mich hier in meinem „neuen Arbeitsalltag” schon sehr isoliert und einsam. Früher da sagte ich strahlend zu meinem Mann: Diese Woche keine Termine in einer anderen Stadt. Eine ganze Woche Home-Office – wie herrlich!

Und jetzt da treffe ich überraschend eine Kollegin bei meinem Social Distancing Spaziergang im Stadtpark und fühle tausend Glücksgefühle über den kurzen spontanen Austausch.

Aber jetzt zum „Social Ausmisting” und was ich damit meine

Gerade versuche ich mich mit meinen engsten Freundinnen meist über WhatsApp Sprachnachrichten auf dem Laufenden zu halten. Das klappt mal mehr oder weniger gut. Gibt manchmal auch einfach null-komma-nix zu erzählen.

Als ich vor kurzem tagsüber den echten realen Austausch bei Lunch-Dates, Meetings und Freundinnen-Treffen so sehr vermisst habe. Da kam mir auch ein anderer Gedanke. Der Gedanke vom „Social Ausmisting”.

Ich träumte so vor mich hin: Wenn sich endlich alles normalisiert, worauf freue ich mich dann am meisten? Treffen mit Freunden und der Familie kam mir als erstes in den Kopf. Berufliche Termine und Veranstaltungen, die meinen Job sonst noch viel spannender machen, auch. Und Reisen natürlich. Meine größte Leidenschaft. Ich träumte mich mit meiner Freundin Julia zurück nach New York, zu einem Trip, der einfach so großartig war und der unbedingt wiederholt werden muss.

Als ich so vor mich hin träumte, da fielen mir ganz viele Herzensmenschen ein. Die ich vermisse. Umarmen möchte.

Und da dachte ich wieder daran, was ich lebe. „Umgib Dich mit genau den Menschen, die Dir gut tun. Die wahre, echte Freunde (oder auch einfach tolle Bekannte) sind.” „Menschen, die Dir positive Gefühle und Energie geben und nicht toxisch hinter Deinem Rücken über Dich herziehen.”

Als ich jünger war, da gab es die ein oder andere Freundschaft, die von der anderen Seite nicht ehrlich war. Oder berufliche Kontakte, bei denen ich wusste, dass sie toxisch sind. Trotzdem traf man sich zum Lunch. Aber ich habe immer darauf geachtet, dass ich nicht aus Naivität, irgendetwas „ausplaudere, das gegen mich verwendet werden könnte.”

Spätestens seit ich mich selbständig gemacht habe, ist mit so etwas Schluss. Wenn Du mir nichts Gutes willst, dann bleib fern. Beziehungsweise ich halte mich von Dir fern. Auch wenn das vielleicht mal schlecht fürs Job-Netzwerk ist.

Das jetzt gerade ist auch eine Chance zum „Social Ausmisting”

Und als ich vor Kurzem darüber nachdachte, wie wichtig doch die richtigen Menschen um einen herum sind. Und mir vornahm, mich häufiger mit der Kollegin treffen zu wollen, die ich spontan im Stadtpark traf. Weil wir uns so ähnlich sind und den andern lieber anfeuern, als vorne zu lächeln und hinten zu intrigieren.

Da dachte ich auch daran, dass gerade diese Zeit der Isolation auch eine Chance fürs „Social Ausmisting” sein kann. Mit wem treffe ich mich zuerst, wenn ich wieder darf? Wen vermisse ich gerade so richtig? Und wen eigentlich gar nicht, weil alles doch irgendwie Fassade war? Oder mir dieser Mensch eigentlich gar nicht gut tut?

Ich nutzte das Alleinsein und den fehlenden Austausch jetzt auch dafür, darüber zu reflektieren. Was mir dabei so richtig auffiel? Wie ich mich beim Sprung aus dem Hamsterrad, auch von den toxischen Menschen befreite. Wie glücklich ich bin, dass ich mir in den letzten Jahren ein so großartiges „Umfeld an Herzensmenschen” geschafft habe. Privat und sogar im Job.

Sodass bei mir gar kein richtiges „Social Ausmisting” nötig ist. À la: Vielleicht sollte ich die durch den Lockdown eingeschlafene Beziehung mit dieser Person gar nicht erst wieder erwecken. Aber vielleicht ist es ja bei Dir nötig?

Bild: Unsplash


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