Life at 30: Ich kann es nicht mehr hören

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Zu dünn, zu dick, zu was? Ich kann es nicht mehr hören. Warum immer diese „Körper-Bewertung” anderer (oft sogar fremder) Menschen?

Diese Woche habe ich auf Instagram ein witziges Reel gepostet und Impressionen aus unserer Woche Mallorca. Und noch als ich auf „veröffentlichen” klickte, da wusste ich was kommen wird.

Zack. Ich musste auch keine halbe Stunde warten. Da kommentiert irgendeine Angela (sorry an alle Angelas die hier mitlesen, die Frau hieß eben wirklich so): „So dünn… grrrr”. Abgesehen davon, dass der Kommentar von der Formulierung recht dämlich ist, zeigt er genau das auf, was ich so oft bei mir und anderen mitbekomme.

Können wir endlich mit diesen „Zu dick, zu dünn”-Bewertungen aufhören?

Ich nenne es jetzt mal wie oben im Einleitungssatz „Körper-Bewertung”. Wahrscheinlich haben Heidi Klum und Co. im TV ihr übriges dazu beigetragen, dass es in unserer Gesellschaft absolut an der Tagesordnung ist ständig andere Körper zu kommentieren.

Meine liebe Kollegin Jules kann als Plus Size Model davon ein Lied singen und engagiert sich hier großartig. Sie wird nämlich schon dumm von der Seite angesprochen, wenn sie irgendwo in der Öffentlichkeit isst („Solltest Du besser nicht einen Salat essen?”) oder muss sich etwas anhören, wenn sie sich im Sommer luftig bekleidet zeigt.

Aber es gibt in unserer Gesellschaft nicht nur ein „zu dick”. Es gibt auch ein „zu dünn”. Das auch immer wieder kommentiert und bewertet werden muss. Ich muss hier nicht so häufig kämpfen wie Jules. Da mein Aussehen „akzeptierter” ist (was sich schon beim Schreiben furchtbar anfühlt). Aber ich höre so oft – gerade im Sommer – dieses „zu dünn”. Von wildfremden Menschen im Internet, aber auch im privaten Umfeld.

Ich war schon immer schlank. Manche sagen „Gute Gene”, was ich auch schon wieder sehr bewertend und schrecklich finde. Als hätte man nur gute Gene, wenn man schlank ist. Da ich noch nie Probleme mit meinem Körper oder meiner Körperwahrnehmung hatte (weil ich mit Basketball aufwuchs und glücklicherweise ohne Instagram), habe ich noch nie in meinem Leben eine Diät gemacht. Wenn mir also eine der vielen Angelas im Internet signalisiert, dass sie mich zu dünn findet, dann kann ich das super abprallen lassen.

ABER. Ich kenne privat und beruflich so, so viele Frauen, die mit Essstörungen zu kämpfen hatten oder haben. Und ich werde gerade auch deshalb immer so, so wütend, wenn ich dieses ewige „zu dick, zu dünn” mitbekomme. Denn viele haben nicht so eine „glückliche Partnerschaft” wie ich mit meinem Körper. Den ich im Spiegel ohne Zupfen und Zerren schon immer wohlwollend (und bei Krampfadern, schwachem Bindegewebe und Co. auch mit einem zugedrückten Auge) anschauen konnte. An vielen würden die digitalen und nicht-digitalen „Du bist zu dünn (oder zu dick)”-Kommentare nicht so abprallen wie an mir. Bei vielen sitzen solche Kommentare viel tiefer. Tun richtig weh. Und beeinflussen sogar den Alltag.

Jeder Körper ist anders. Und schon allein deswegen macht es überhaupt keinen Sinn sie gegenüberzustellen, zu vergleichen und Körperformen zu bewerten oder abzuwerten.

Ganz ehrlich: Ich bin gerade noch etwas dünner als sonst. Das liegt aber nicht daran, dass Essen nicht eines meiner liebsten Hobbys ist (es war teilweise während der Lockdowns einer meiner absoluten Lichtblicke im Alltag). Oder ich „zu wenig esse” wie mir schon so, so oft ungefragt und oft wie beiläufig suggeriert wurde (nicht nur im Internet). Sondern daran, dass ich meine Sportroutine wegen Rückenproblemen verloren hatte und erst jetzt wieder meine Muskeln aufbaue.

„Zu dünn” aka „Ich mache mir doch nur Sorgen”

Beim „Zu dünn”-Kommentar kommt bei einer Konfrontation mit der anderen Person häufig ein „Aber ich mache mir doch nur Sorgen um Dich”.

Das kann ich sogar nachvollziehen. Verstehe aber dann nicht, warum das Gespräch so oft über die „Körper-Bewertung” begonnen wird. Und nicht einfach ein „Du hast in der letzten Zeit so viel mitmachen müssen. Geht es Dir gut? Willst Du mal in Ruhe bei einem Tee über alles sprechen?” kommt. Wäre doch wahrscheinlich viel zielführender, oder?

Vor allem bei Personen, die solche Kommentare nicht easy wegstecken können, weil sie aus irgendeinem Grund vorbelastet sind und ab und zu (oder immer) kein gutes Verhältnis zu ihrem Körper haben.

Ich kann nur für mich sprechen und selbst ohne solche Vorbelastung lädt mich ein „Boah bist du dünn geworden” ganz und gar nicht dazu ein, mir etwaige Sorgen und Probleme ehrlich von der Seele zu reden.

Es ist an der Zeit hier noch mehr Bewusstsein zu schaffen. Darüber, dass wir endlich mit diesen „Körper-Bewertungen” aufhören sollten. Im privaten Umfeld und auch digital.


1 Kommentare

  • Kerstin

    17. Juni 2022 at 23:18

    Liebe Sue,
    du sprichst mir aus der Seele. Ich kann es nicht mehr hören. Im Gegensatz zu dir gehöre ich leider zu denen, die diese Kommentare nicht an sich abprallen lassen können. Ich weiß es natürlich besser – ich esse oft und viel, bin gesund etc – aber ich fühle mich selbst oft zu dünn, mir wird schnell kalt, vieles tut schneller weh ohne „Schutzschicht“ am Körper.
    Aktuell geht es mir nicht so gut, daher bin ich noch weniger gefestigt… aber warum ist dünn zu sein erstrebenswert?? Schön ist, wer mit seinem/ihrem Körper zufrieden und glücklich ist – egal welche Größe (meine Meinung). Und wie viele scheibare „Ideale“ sind denn das?

    Liebe Grüße Kerstin

    Antworten

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