Hat Humor keine Grenzen?

In: Life at 30, Lifestyle
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Also wir müssen dringend einmal über Humor reden. Hat Humor keine Grenzen? Das würde ich heute gern einmal diskutieren.

Eigentlich lag mir genau dieses Thema schon nach der Oscar-Verleihung für eine Life at 30 Kolumne auf dem Herzen. Diese Woche gab es mit dem Posting von Joyce Ilg noch einen weiteren Anlass.

Hat Humor keine Grenzen?

„War doch nur ein Witz.” Dieser Satz wurde zu mir in der Schulzeit gesagt (definitiv nicht meine liebste Zeit, ich war so froh, als ich dann an der Uni war). Und dieser „Witz” einer Klassenkameradin, der saß so richtig und war eigentlich getarntes Mobbing. So, dass mich das Thema des Witzes noch lange im Hinterkopf begleiten sollte. Und mir zu der Zeit einige Tränen bescherte.

Ganz ehrlich: Will Smiths Ohrfeige bei der Oscar-Verleihung war sowas von daneben. Er hätte sich so classy mit Worten „wehren” können. Aber (und davon habe ich viel, viel zu wenig gelesen): Wer sagt mal was zu Chris Rock à la „Das ging ja auch wirklich gar nicht, einen Witz über eine Krankheit zu machen, an der jemand so stark leidet”. Gewalt ist nie die Lösung und dass das herausgestellt werden musste, das ist wichtig und richtig. Allerdings einen (wie ich gelesen habe, vorher auch nicht im Programm eingeplanten) Witz über eine Frau zu machen, die unter ihrer Krankheit leidet. Das ist sowas von geschmacklos. Und mehr als das: Es ist einfach nicht okay.

Ich bin selbst jemand, der auch mal „einen Spruch drückt”. Habe mein Leben in Basketballhallen verbracht und bin nicht direkt beleidigt, wenn mal ein Witz auf meine Kosten gemacht wird. Aber wir müssen auch einmal über genau diese Kosten sprechen. Das ist nämlich (und da kommt die Germanistin raus) „ein weites Feld”. Von „sich gegenseitig ein wenig sticheln und Spaß dabei zu haben”, bis hin zu einfach nur „persönliche Beleidigungen und Angriffe als Witz zu verpacken”. Auch finde ich sollte immer der/die Rezipient*in und der Rahmen mitgedacht werden.

Humor = Kunst = darf alles

Und genau deshalb war für mich auch viel zu wenig die Rede davon, dass Chris Rock Jada Pinkett Smith schon in der Vergangenheit immer wieder „auf dem Kieker hatte”. Ich habe viel dazu gelesen nach den Oscars. Und alles wird immer so abgetan, dass man als Person in der Öffentlichkeit Beleidigungen und verbale Schläge unter die Gürtellinie einfach eben „weglächeln” muss. Drüberstehen.

Aber ich finde: Auch beim Humor darf es Grenzen geben.

Wir müssen uns nicht alles gefallen lassen, nur weil es von einem Comedian kommt oder als Witz verpackt ist. Und mit „gefallen lassen” meine ich jetzt natürlich nicht: Ohrfeigen zu verteilen. Es sollte aber auch darüber gesprochen werden, dass Witze zu weit gehen können. Meiner Meinung nach darf ein Comedian auch nicht alles, nur weil es eben eine Kunstform ist. Wenn Menschen persönlich angegangen werden, dann ist das eben nicht nur eine Frage von „findet eben der eine witzig, der andere nicht”. Es ist auch eine Frage von „wo wird hier irgendwie eine Grenze gezogen?”.

„Das ist jetzt nicht Dein Ernst”

Als ich diese Woche das Instagram Bild von Joyce Ilg und Luke Mockridge sah, dachte ich nur: „Das ist jetzt nicht Dein Ernst”. Nee, war es auch nicht. War ja ein Witz. Und was für ein schlechter.

„KO Tropfen und Vergewaltigung” so als Witz zu platzieren bei Instagram ist einfach daneben. Punkt. Und es ist einfach nur unglaublich unangebracht, sich mit einem Freund, der übrigens – laut Joyce selbst – so sehr unter Vergewaltigungsvorwürfen gelitten hat, dass er psychologisch behandelt werden musste, zu inszenieren, indem man „KO Tropfen” in die Bildunterschrift packt.

Was ich aber noch schlimmer finde, als diese unfassbar unangebrachte Bildunterschrift? Die Reaktion der Comedian Joyce Ilg auf die völlig berechtigte (und ganz ehrlich: absolut zu erwartende) Kritik.

Statt eines Zurückruderns à la „da habe ich eine Grenze überschritten, das tut mir Leid”, gab es eine Diskussion darüber, dass Humor keine Grenzen kennt. Und wenn der Witz nicht verstanden oder geschätzt wurde, dann sei das eben das Problem des Rezipienten.

Noch schlimmer: Im Weiteren wurde im Feed und in der Story alles so hingedreht, dass der/die Empfänger*in des Witzes doch selbst in der Verantwortung stehen würde. Wenn Dich etwas triggere, dann liege das an Dir und daran müsstest Du arbeiten. Diese Kernaussage finde ich so, so viel schlimmer als jede dahin gerotzte und nicht ernst gemeinte Entschuldigung es gewesen wäre.

Nein. Einfach: Nein.

Es ist nicht Deine Schuld, dass Du den Witz „nicht verstehst” oder „falsch auffasst”. Manches ist einfach nicht witzig, sondern unangebracht und geschmacklos. Weder sollte jemand mit einer Krankheit einen als Witz verpackten Angriff „weglächeln” müssen. Noch sollte jeder Witz hinter der „Humor = Kunst = darf alles”-Erklärung in Ordnung sein.

Nach den Oscars kam sofort ein Aufschrei, ob Comedians jetzt „gar nichts mehr sagen dürften”.

Natürlich ist Humor und besonders schwarzer Humor ein Balance-Akt. Aber es darf auch mal gesagt werden: „Das war jetzt einfach nicht okay, darüber einen Witz zu machen.” Es darf Grenzen geben – auch beim Humor.

Oder wie siehst Du das?

Foto: Unsplash


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