Life at 30: Die 3 größten Lügen über das Glücklichsein
In: Life at 30

„Was ist Dir im Leben besonders wichtig?” „Einfach glücklich zu sein.” Dabei gibt’s aber so viele Lügen über das Glücklichsein. Die wir uns teilweise selbst immer wieder erzählen…
Wir müssen nur fünf Minuten in einer Buchhandlung verbringen (so wie ich gestern), um vor den Regalen zu merken: Wir sind alle aufs Glücklichsein aus. Während es früher noch meist mehr um Statussymbole ging. Wer kennt noch diese alte TV-Werbung à la „Mein Haus, mein Boot…”? Da geht es heute, wenn wir über unser Leben sprechen, ums Glück. Darum möglichst glücklich zu sein.
Wie dieses Glück erreicht werden soll? Dafür werden unterschiedlichste Wege aufgezeigt. Für die einen ist es doch scheinbar der oben angedeutete Besitz wie früher. Andere denken beim Glücklichsein eher an Sprünge aus dem Hamsterrad, Work-Life-Balance oder die eigene Persönlichkeitsentwicklung. Wieder andere an die eigene Familie oder Erfolge und Selbstverwirklichung im Job.
Ich beschäftige mich mit meinen Mentees im Life at 30 Mentoring natürlich auch mit Wegen zum ganz persönlichen Glück. Aber sehe auch all die Lügen übers Glücklichsein, die wir präsentiert bekommen, oder uns selbst immer wieder erzählen.
Die Glücksforschung finde ich wahnsinnig spannend – habe da sogar einmal einen Yale-Onlinekurs vor einiger Zeit absolviert und schon einige psychologische Bücher gewälzt. Deshalb ist es mir bei all der Suche nach dem Glück heute wichtig, das Thema auch einmal in dieser Form in der Life at 30 Kolumne aufzugreifen.
Hier sind einige der größten Lügen über das Glücklichsein
#1 Das Ziel anvisieren, immer glücklich zu sein
Lasst uns nicht der „Toxic Positivity” verfallen und uns das Ziel setzen, immer glücklich sein zu müssen. Das ist der eigentliche Grund, warum ich diese Kolumne schreiben wollte… Ich wollte einmal laut rufen, dass es verdammt noch mal nicht das Ziel sein kann, jeden Tag von morgens bis abends glücklich zu sein. Niemand ist ständig glücklich. Wir müssen uns nicht alles schönreden und dürfen uns auch über ein gebrochenes Bein der kleinen Tochter mitten im Hochsommer mal so richtig ärgern und den Wuttränen freien Lauf lassen. Ich finde es ganz furchtbar, wenn wir uns selbst absprechen uns zu ärgern, traurig oder wütend zu sein und sofort immer alles „positiv sehen” müssen.
Wichtig ist doch nur, dass wir uns nicht in einen Negativstrudel langfristig sinken lassen. Aber lasst uns doch bitte mit dieser ganzen Selbstoptimierung aufhören und mit all dem Druck, dass wir immer – egal was gerade Blödes passiert ist – sofort wieder glücklich sein müssen.
Es darf auch einmal etwas – Sorry! – richtig Scheisse sein. Verbiete Dir nicht das Rauslassen, das Rausschreien, das Loswerden. Das bedeutet nicht, dass es nicht super sein kann, dass wir uns positive Aspekte unseres Lebens ins Gedächtnis rufen, wenn alles Grau erscheint. Aber bitte kein „Dauerhaft-glücklich-Ziel” anvisieren, bei dem wir uns nie erlauben auch mal zu fühlen, was wir wirklich gerade fühlen.
#2 Ein Glücks-Rezept zu wollen, das für alle gilt
Bei all der Kommerzialisierung unseres Strebens nach Glück, da scheint es dieses große Glücksversprechen zu geben (mit dem auch ziemlich viel Geld gemacht wird). „Dein Rezept zum Glücklichsein!” Dabei ist das eben nicht so einfach. Und vor allem wahnsinnig individuell, was uns persönlich glücklich macht.
Klar, es gibt die Wege, um psychologische und menschliche Grundbedürfnisse zu stillen. Und da kann man wissenschaftlich schon davon sprechen, dass beispielsweise Sonnenlicht und frische Luft, Bewegung oder soziale Kontakte wahnsinnig wichtig und gut für uns sind und all das Glückshormone freisetzt. Daran sollten wir uns auch immer wieder erinnern.
Ein allgemeines „Glücklichsein-Rezept”, das einfach allen schmeckt (sorry, dass war zu einladend für einen Wortwitz…), das gibt es dann aber doch nicht. Schließlich sind wir sowas von unterschiedlich. Und während eine introvertierte Person, vielleicht besonders glücklich ist, wenn sie mit einem Lieblingsbuch allein im Sommer am See liegt. Da ist es für eine extrovertierte Person der ausgebuchte TED-Talk, bei der sie ihre neueste Idee präsentieren kann.
#3 Materielle Dinge als Glücksgaranten zu sehen
Das ist wirklich tricky. Und ich kenne das selbst. Jeden Tag will uns die Werbung überall verklickern, dass wir Glück kaufen können. Die Designerhandtasche, das tolle Auto oder die neuen Schuhe. Es scheint als hätte das Glücklichsein ein Preisetikett. Aber wir vergessen dabei immer wieder, dass wir uns an neue Dinge gewöhnen. Und genau dieser Gewöhnungseffekt verhindert, dass uns die neue Handtasche langfristig glücklich machen wird. Tatsächlich sinkt die Euphorie und das Glücksgefühl nach dem Kauf sogar wirklich, wirklich schnell wieder ab.
Das ist besonders stark der Fall, wenn wir Dinge als Statussymbole kaufen. Also zum Beispiel den Porsche, weil er ein Porsche ist. Ein wenig anders ist es, wenn der Kauf etwas mit unserer großen Leidenschaft zu tun hat. Wenn wir jeden Tag mit dem Fahrrad unterwegs sind und uns das neue Rennrad deswegen den Alltag erleichtert beispielsweise.
Dennoch gilt: Obwohl es uns die ganze Welt vermitteln will, sollten wir uns immer wieder daran erinnern (und das müssen wir psychologisch auch), dass das neue Designerkleid kein Glücksgarant ist. Und uns da lieber mit einem leckeren, gesunden Essen mit der besten Freundin am Abend belohnen (soziale Kontakte und unseren Körper gut versorgen) als mit einer neuen materiellen „Errungenschaft”.
Fällt Dir noch etwas ein, das Du gern ergänzen würdest?
Bild: Sophie Wolter
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2 Kommentare
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Susan Fengler
14. Juni 2023 at 13:30
Hi Frieda,
Antworten
oh ja da hast du so recht. Spannend – ja, die Gegenbewegung habe ich auch schon oft beobachtet. Danke dir für deinen Kommentar! Hab noch einen schönen Tag.
Liebe Grüße
Sue
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Frieda
8. Juni 2023 at 12:43
Du sprichst mir aus der Seele! Ein Besuch in einer Buchhandlung (oder einfach nur die YouTube-Startseite) kann dieser Tage manchmal wirklich den Eindruck vermitteln, als wäre die Menschheit mit nichts anderem als Glücksuchen beschäftigt. Oder gerade dieses völlig zu verteufeln, die Gegenbewegung bei Sachbüchern ist auch immer interessant. Ich finde, das Ziel sollte sein, Zufriedenheit statt Glück zu erreichen, denn dann sind auch die weniger schönen Zeiten viel besser durchzustehen.
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