Life at 30: Bewusster leben – ich will mich darüber freuen dürfen
In: Life at 30
Was mir bei uns und in unserem Freundeskreis immer mehr auffällt? Dass wir bewusster leben. Immer mehr. Stück für Stück. Ganz langsam kam der Wandel, aber ich merke ihn mittlerweile deutlich. Und will mich darüber freuen dürfen.
Vor kurzem ist mir aufgefallen, dass das „richtige” mentale Erwachsenwerden für mich eigentlich durch die Dinge charakterisiert wird, mit denen wir uns beschäftigen wollen – nicht müssen. Also nicht durch Diskussionen über die (ja unausweichliche) Steuererklärung. Und was mir da aufgefallen ist, das finde ich wirklich wahnsinnig schön. Was ich meine? Wir leben immer bewusster. Wir – also wir beide als Paar. Aber auch unsere Freunde und unser Umfeld.
Life at 30: Bewusster leben – ich will mich darüber freuen dürfen
Ich spreche hier ganz absichtlich von „bewusster leben”. Nicht weil die „5 Tipps nachhaltiger zu leben” schon in sämtlichen Frauenmagazinen voneinander abgeschrieben wurden und alle Medien ein wenig vom neuen „Nachhaltigkeits-Hype” profitieren wollen und ich deshalb ein neues Wort finden will. Sondern weil das bewusster leben eben für mich vom Wort besser passt. Klar, damit ist auch Nachhaltigkeit gemeint. Vielleicht sogar zu 80%. Aber auch Achtsamkeit. Selbstwahrnehmung. Einfach ein Bewusstsein wie ich leben will.
Und ich finde wirklich, darüber kann man sich auch mal freuen. Das will ich auch Euch vermitteln. Den positiven Wandel des eigenen Lebens auch mal anerkennen. Und bei anderen würdigen. Das passiert doch so unfassbar selten. Sofort macht man sich ganz klein, wenn es mal angesprochen wird. „Ja, aber, naja perfekt bin ich lange nicht.” Und gleich meinen wir unser Unvermögen 100% nachhaltig und bewusst zu leben ansprechen zu müssen. Uns irgendwie sofort entschuldigen zu müssen.
Eine Erkenntnis beim Lunch-Date
Meine Freundin und ich – wir treffen uns draußen im Park zum Lunch. Jeder hat seine Box mit Snacks dabei. Spülmaschinenfest, wiederverwendbar (die Box, nicht die Snacks). Keine Plastik- oder Alufolie ums Brot. Wir unterhalten uns darüber, wie wir eine Work-Life-Balance versuchen. Im Job vorankommen, ohne sich im Hamsterrad zu verlieren. Sie will mit ihrem Mann ein Haus bauen. Ein Selbstversorger-Haus. Klingt spannend, ich frage nach. Mir fällt auf: Das hätte vor ein paar Jahren noch vollkommen anders ausgesehen dieses Lunch. Zwischen zwei Meetings. Gehetzt das Essen im Restaurant in sich reinschlingen. Asia-Imbiss. Irgendein Gericht mit irgendeinem Hühnchen. Wo das herkommt? Egal. Nebenbei schon die Mails auf dem Smartphone checken. Gesprächsthema? Ausschließlich die Arbeit. „Schön, dass wir uns gesehen haben.” Aber so richtig schön war das gestresste Lunch-Date dann doch nicht.
Und heute? Wir haben uns beide im Job neu orientiert, leben unser Leben jetzt bewusster. Und das finde ich großartig. Das will ich hinausschreien. Und werde dann doch wieder ganz leise. Weil perfekt bin ich ja noch lange nicht….
Statt Lob für eine Veränderung gibt es sofort eins auf den Deckel
Warum sehen wir das immer bewusstere Leben nicht viel häufiger als Erfolg? Weil man sofort eins auf den Deckel bekommt für einen Wandel, der sich eben nicht von 0 auf 100 vollzieht. Ich liebe Mode und die Fast-Fashion-Käufe aus der Teenager-Zeit mit jeder Woche Shopping-Bummel und mindestens einem neuen Teil, die sind längst vorbei. Ich kaufe bewusster. Kaufe Qualität. Und alles, das dann doch vergänglich ist, wird beim Flohmarkt in gute Hände gegeben. Ich will den seltener gewordenen Kauf, aber dennoch genießen dürfen. Mich über das neue Kleid freuen dürfen.
Vor kurzem habe ich mich mit einer Freundin über vegetarische Wurst-Alternativen unterhalten. Und sie hat mir eine „fake Schinkenwurst” empfohlen, die mir auf meinem Brot genau so gut schmeckt wie die, die ich jahrelang gekauft habe. Musste kein Tier davon sterben, aber als ich jemandem von meinem Fund berichte, kommt am nächsten Tag sofort die Kritik. „Aber in der ist ja Ei. Das geht doch gar nicht. Und außerdem unterstützt Du damit diese furchtbaren Großbetriebe.” Hey, es ist kein Tier gestorben – aber kann man auch sofort unter den Tisch fallen lassen. Ich verstehe die Argumente durchaus. Aber aktuell muss ich meine Wurst auf dem glutenfreien Brot eben durch etwas „ersetzen”. Vielleicht finde ich ja bald noch einen besseren Ersatz. Schlagt mir gern einen vor.
Natürlich: Unser Wandel ist vielleicht nicht radikal. Aber wenn man sich unser Verhalten von vor ein paar Jahren dagegen anschaut, ist er mehr als deutlich zu sehen. Der vegane Käse (probiert unbedingt mal Bedda!) auf dem Abendbrot-Tisch. Einen Zara-Store schon jahrelang nur noch von außen gesehen. Die Karotten einzeln aufs Band legen und nicht in der Tüte. Kein Wasser mehr aus Wegwerf-Plastikflaschen. Elektro-Car-Sharing statt Taxi, wenn das Fahrrad in der Stadt nicht schnell genug ist. Vegane „Fake Chicken McNuggets” statt echte zum Lunch. Ich sehe den Wandel. Und so wie er sich jetzt vollzieht, kann ich ihn auch mein ganzes Leben lang leben und verbessern. Dass radikal oft nicht gut geht und zu „Rückfällen” führt, kennen wir doch von Diäten. Aber vielleicht sehe auch ich das nur so und bekomme jetzt für die Plastikverpackung des veganen Käses gleich wieder eins auf den Deckel…
Bild: Sophie Wolter
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