Life at 30: Ist denn wirklich nichts mehr privat?

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Da scrolle ich durch Instagram und sehe schon vor dem Frühstück die Plazenta und das ungeborene Kind einer mir kaum bekannten Frau. Ist denn nichts mehr privat?

Ich habe mit diesem Blog das Gefühl, dass ich relativ viel von meinem Privatleben preisgebe. Ich zeige (ausgewählte und bei weitem nicht alle) Bilder von unserer Hochzeit und verrate Euch, wie ich meinen Alltag gestalte. Gebe Euch Einblicke, was ich – auch teilweise sehr kritisch – über unsere Gesellschaft und Themen, die uns täglich beschäftigen, denke.

Das Schöne an Social Media und am Bloggen ist für mich auch die Authentizität und der direkte Austausch mit Lesern und Followern. Die Nahbarkeit. Aber für mich gibt es da auch immer klare Grenzen. Dessous-Fotos gemeinsam mit meinem Mann in unserem Schlafzimmer? No way. Resultate, die ich vom Arzt bekomme, sofort mitfilmen? Auf keinen Fall. Jeder muss im Internet seine eigenen Grenzen ziehen, meine Grenzen müssen nicht für andere gelten. Aber gerade wundere ich mich schon, ob denn überhaupt nichts mehr „nicht gezeigt” wird. Ob es überhaupt noch Grenzen gibt.

Ist denn nichts mehr privat? Gerade eine Schwangerschaft ist für mich doch sehr persönlich…

Da sehe ich – und Millionen andere Menschen – also ein 3D-Ultraschall-Bild (eigentlich sind es gleich mehrere zum Durchscrollen) eines ungeborenen Kindes auf Instagram. Der bekannten Bloggerin folge ich seit Jahren, weil ich sie für ihren tollen Job und ihren Stil schätze und bewundere. In ihren Uterus wollte ich dennoch nicht blicken. Ich habe sie sogar schon einige Male getroffen, sie einmal interviewt, wir waren auf denselben Events. Wir kennen uns trotzdem nicht. Nie würde sie mir im „nicht-digitalen” Leben Details über ihre Beziehung oder ihre Schwangerschaft erzählen. Über Social Media bekomme ich allerdings alles direkt mit. So wie Millionen andere, die sie noch nicht einmal im echten Leben gesehen haben. Klar, es ist ihre Entscheidung, was sie öffentlich macht. Aber ab diesem Einblick direkt in ihren Körper ging mir das für mich persönlich zu weit.

Das Thema Schwangerschaft ist für mich in diesem Bezug besonders heikel. Viel privater wird es für mich nicht. Eine Kolumne zu schreiben, wie es einem in der Schwangerschaft ergeht, ob man Angst vor der Geburt hat und und und. Super hilfreich für andere und sehr interessant. 3D-Ultraschall-Bilder zu zeigen. Für mich etwas anderes.

Auch mit der YouTube-Fake-Schwangerschaft habe ich Probleme

Bin ich zu „oldschool” (schon allein, dass ich das Wort benutze zeigt das wohl schon)? Für all die Teenies und Generation Zler da draußen ist es scheinbar völlig normal, dass sie Ihr gesamtes Leben via Social Media zeigen. Da sehe ich YouTube-Videos, in denen dem Freund unter Tränen vorgespielt wird, man sei schwanger.

Meine erste Reaktion: „Geht’s noch?” Gibt es wirklich keinerlei Grenzen mehr? Ist denn wirklich nichts mehr privat?

Ich verstehe, dass Ihr mit diesen „Pranks” viele Views bekommt und im Rückschluss viel Geld verdient. Aber so etwas als okay hinzustellen, das finde ich nicht mehr grenzwertig, sondern schon krank.

Ich bin jetzt in einem Alter, da warten zwei liebe Freundinnen gerade auf die Geburt ihrer ersten Babys. Da hofft man erst (manchmal auch für eine etwas längere Zeit), dass man schwanger wird. Und dann war da dieser Moment, in dem sie ihren Partnern erzählt haben, dass sie ein Kind bekommen. Sicherlich einer der emotionalsten, schönsten und privatesten Augenblicke ihres Lebens.

Ein Moment, den man sicher nie vergisst. Über den man sich weder lustig machen sollte, noch ihn mitfilmen. Manches darf in meinen Augen ruhig auch einfach einmal privat bleiben.

Bild: Dennis Kayser


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7 Kommentare

  • Rica

    12. Januar 2018 at 09:21

    Liebe Sue,
    Um ehrlich zu sein, geht es mir genauso. Die 30 habe ich zwar noch nicht erreicht, aber auch mit Mitte 20 frage ich mich, warum ich nur noch Ultraschall Bilder auf Social Media und auch so viele nackte Baby-Bäuche sehe. Mir ist das ebenfalls viel zu privat und deswegen habe ich mich auch dazu entschieden, mein Instagram mal “aufzuräumen”. Ich möchte nämlich wirklich nicht alles über eine fremde Person wissen und wie der Nachwuchs im Bauch aussieht, gehört eben dazu.

    Liebe Grüße aus München!

    Antworten

  • Susan Fengler

    12. Januar 2018 at 11:38

    Ich verstehe, dass man sein Glück auch teilen möchte. Aber den 3D-Ultraschall aus jeder Perspektive – das war mir einfach too much. Liebe Grüße

    Antworten

  • Nadine

    12. Januar 2018 at 09:34

    Gebe dir da absolut Recht. Heutzutage verschwimmt die Grenze zu, was zeige ich alles im Netz und ja da fällt mir der gläsernde Mensch ein, der in der heutigen Generation immer mehr an Form an nimmt als noch vor einigen Jahren. Dennoch muss ich auch gestehen, dass ich so Tipps oder ein kleines Tagesbuch aus den SSWs sehr interessant finde, denn jeder Mensch ist unterschiedlich und es ist interessant zu beobachten wie der Körper sich verändert.

    Antworten

  • Susan Fengler

    12. Januar 2018 at 11:37

    Ja, ich finde Erfahrungen und Tipps auch super wichtig weiterzugeben. Nur man muss nicht jedes private Detail auch bei Instagram zeigen…

    Antworten

  • Sarah

    12. Januar 2018 at 09:35

    Regt auf jeden Fall zum Nachdenken an, letzterem Abschnitt stimme ich vollends zu. Toll geschrieben liebe Susan 💕

    Antworten

  • Susan Fengler

    12. Januar 2018 at 11:37

    Danke Dir!

    Antworten

  • Marie

    12. Januar 2018 at 14:16

    Liebe Susan, ich würde deinen Text und deine Meinung zu 100 Prozent unterschreiben. Allerdings würde noch einen Schritt weiter als “solch private Dinge möchte ich nicht sehen” gehen.

    Was ist eigentlich mit den Persönlichkeitsrexhten und der Privatssphäre all dieser ungeborenen Kinder und Kinder? Eltern stellen teilweise mittlerweile ALLES ins Netz und teilweise auch gerade wegen Kooperationen etc.

    Ich bin Mitte 20 und bin da wohl auch eher old school eingestellt. Privates sollte privat bleiben. Ich kann mir vorstellen, dass es gerade bei Bloggern und Influencern schwierig ist, aber da man wie bei dir und anderen Bloggern sehen kann, dass es auch ohne totale “Nacktheit” geht, sollten einige doch mal über ihre Peivatssphäre und ggf die ihrer Kinder nachdenken.

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!

    Antworten

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